Ela Wildner: Hallo. Ihr seid wieder mit dabei in der Runners World Podcast-Folge 178. Das ist sehr schön und damit herzlich willkommen mitten in dieser Podcast-folge, die ich Elabette aufgenommen habe und zwar in einer Arztpraxis. Denn heute reden wir über, naja, ein wahrscheinlich nicht so schönes, aber dennoch wichtiges Thema, Herzprobleme. Vor denen sind auch Läuferinnen und Läufern nicht gefeiert. Viele davon kann man gut in den Griff bekommen oder auch gar nicht erst entstehen lassen. Wie Vorbeugung funktioniert und wie man damit umgeht, wenn man denn Probleme mit dem Herzen haben sollte. Darüber habe ich mit Dr. Henning Steen gesprochen, der sich als Kardiologe bestens damit auskennt. Das, wie ich finde, sehr informative und lehrreiche Gespräch, das gibt's jetzt in dieser Podcast-Folge. Ein kleiner Hinweis vorab noch. Natürlich ist Dr. Steen Arzt und kann auch medizinische Auskunft geben. Allerdings ersetzt dieser Podcast natürlich im Zweifel nicht euren eigenen Besuch beim Arzt. Nun geht's aber wirklich los. Trotz des relativ ernsten Themas wünsche ich euch viel Spaß mit dieser Podcast-Folge. Ja, der Runner's Edge Podcast heute unterwegs. Tatsächlich sitze ich hier mit Dr. Henning Steen in einer Arztpraxis. Dr.Henning Steen ist Facharzt für Innere Medizin und Kardiologe und kann uns daher bestens dazu beraten und Auskunft geben, was es rund um Herzprobleme und Laufen zu wissen gibt. Erstmal Hallo und ich freue mich sehr, hier zu sein.
Dr. Henning Steen: Vielen Dank, dass Sie der Einladung gefolgt sind und hier in die Praxis gekommen sind. Herzlich willkommen.
Ela Wildner: Ja, danke schön. Wirklich sehr, sehr gerne. Das Thema ist auch immer wieder stark nachgefragt. Also wir bekommen tatsächlich häufiger auch mal Nachrichten. Könnt ihr nicht mal einen Podcast zum Thema Laufen mit Herzproblemen machen? Und Herzprobleme, das ist jetzt noch so ein bisschen unkonkret. Also würde ich gleich erst einmal fragen, welche Herzproblem man überhaupt so haben kann. Davor aber noch kurz der Hinweis. Wir haben im Wesentlichen zwei Themenblöcke heute. Einmal die Frage, wie kann ich laufen? Was sollte ich beachten? Oder kann ich überhaupt noch laufen, wenn ich Probleme mit dem Herzen habe? Aber auch die Frage, wie merke ich, dass ich die habe? Denn leider gibt es ja auch immer wieder Fälle, wo man dann leider lesen muss, jemand hatte dann Probleme mit dem Herz während eines Wettkampfes am Ende noch. So, da will ich jetzt gar nicht zu viel vorweggreifen, sondern starte auch mit der Frage, was sind denn die verbreitetsten Probleme am Herzen, die Menschen haben?
Dr. Henning Steen: Also es gibt in Deutschland tatsächlich einen Herzbericht, der fasst das wirklich ziemlich genau auf. Also der nummeriert das wirklich, was ist die höchste Inzidenz, also höchster Vorhandensein. Also das, was klingt hier in Deutschland am allerallermeisten ist, ist die sogenannte coronare Herzerkrankung. Corona ist also ein Herzkranzgefäß. Das ist tatsächlich das, wenn der Ader verstopft ist am Herz. Wir haben drei wesentliche Ader am Herzen, wenn da ein Problem kommt und das Maximum einer Verstopfung ist eben tatsächlich der Herzinfarkt. Das ist tatsächlich das Häufigste, man sagen kann, dich gefolgt tatsächlich von der Herzschwäche, da hat es also jetzt gar nichts damit zu tun, dass eine Ader verstopft ist und dass der Muskel, der Herzmuskel nicht gut mit Sauerstoff versorgt wird, sondern da ist das sich-zusammen-ziehen des Herzens funktioniert nicht gut. Also Herzschwäche. Normalerweise, gerade Sportler, haben so eine Pupkraft, sagen wir immer von etwa 55 bis 60 Prozent, wirft das Herz an Blut aus. 40 Prozent behält es, 55 bis 65 Prozent werden rausgewonnen, bei jedem Herzschlag. Also durch den Körpergeschick. Ganz, ganz genau. Also wenn wir jetzt mal 100 Milliliter in dem Herzen hätten, würden 60 Millileter rausgeschickt und 40 bleiben drin, wie so ein Reservoir. Bei diesen Patienten ist das irgendwann so bei Herzschwäche, Patienten. Dass tatsächlich nur noch 30 oder 20 Prozent rausgeworfen werden und 70 bis 80 Milliliter bleiben da drin, 100 Prozent. Das ist die Herzschwäche. Und das dritte, das wären dann tatsächlich schon die Herzrhythmusstörungen.
Speaker 3: Mhm.
Dr. Henning Steen: Man geht davon aus, also etwa dreieinhalb bis vier Millionen Menschen, wo man weiß, okay, da ist so was, die Dunkelziffer, da gehen wir tatsächlich davon aus dass 20 Prozent aller, sagen wir mal jetzt in Deutschland lebenden Menschen, Rhythmusstörungen haben. Was ist so eine Rhythmustörung, der Herzrhythmus ist sozusagen, normal ist das so, das ist wie so eine Nähmaschine, ne? Takt wird also ganz rhythmisch ausgeworfen. Und wenn ich mich stärker belaste, geht er hoch. Und, wenn ich entspannt bin, nach dem Wettkampf oder so, geht er auch richtig runter.
Ela Wildner: Mhm.
Dr. Henning Steen: Und dann gibt es Patienten, die haben während dieses normalen, rhythmischen, synchron nennen wir das, synchron, also immer gleich, so, haben die so Zwischenschläge. Also wenn man das mal so musikalisch macht, ist das eine... Und diese extra Schläge werden dann...
Ela Wildner: Mhm.
Dr. Henning Steen: Da, da, da. Und je nachdem, wie viele extra Schläge sie jetzt zum Beispiel in einer Minute, in einer Stunde oder in 24 Stunden haben, kann man sagen, das sind sehr viele, oder es sind wenige, oder das sind einige oder es sind keine. Das würde man zum Beispiel im Langzeit-HKG sehen. Und meine Erfahrung, ich habe sehr viele Sportler hier, die auch sehr verunsichert sind, weil sie Herzrhythmusstörungen haben, wobei man sagen muss... Ich sag mal, etwa eine halbe Million Menschen in Deutschland werden pro Jahr in ein Krankenhaus aufgenommen wegen irgendwelcher Herzrhythmusstörungen. Ja. Und etwa nur 30.000 also sterben an einer nachgewiesenen Herzrhythmusstörung. Das ist also eigentlich relativ wenig, die sozusagen eben versterben und wahnsinnig viele, Millionen ja eben, die diese Herzr rhythmusstörung haben.
Ela Wildner: Also 20 Millionen ist eine wirklich hohe Zahl.
Dr. Henning Steen: Mega hoch und das weiß man häufig gar nicht. Also wenn man so auch in einer Partnerschaft redet, man häufig nicht drüber. Mein Herz stolpert irgendwie, weiß man immer gar nicht oder der Bruder, die Schwester, keine Ahnung. Aber wenn man wirklich nachfragt, geht man davon aus, dass etwa ein Fünftel der Leute irgendwie geartet das Herz spürt, extra Schläge spüret oder mal spür.
Ela Wildner: Das heißt...
Dr. Henning Steen: Das ist jetzt gar nicht so ein Prozess, den man durchgehend hat und immer wieder, sondern das ist wie so ein On und Off.
Ela Wildner: Ja.
Dr. Henning Steen: Und sag ich mal Herzrhythmusstörung ganz generell, ist also erstmal gar nichts Schlimmes in allerallermeisten Fällen. Nur man muss, wie ich das mal so nett sage, dem Kind einen Namen geben. Also ich muss verstehen, welche Herzrhythmusstörungen. Da gibt es sehr wohl Herzr rhythmusstörungen, wenn ich die im EKG sehe, da wird mir ganz anders, die sind wirklich gefährlich. Und die allermeisten im EKg, also in so einer Stromkurve vom Herz, die sind banal. Das zu unterscheiden, das ist letztlich die Aufgabe von Kardiologen oder es gibt sogar tatsächlich Rhythmologen, also Leute, die sich ganz massiv nur mit dem Herzrhythmus beschäftigen. Ja, also das sind so die drei, sagen wir mal, wesentlichen und dann... ...Gibt es so was wie Herzklappenerkrankungen, wo also eine Klappe... Also das hier zum Beispiel ist so eine Herzknappe, davon haben wir vier Stück. Und wenn die Klappen irgendwie zu eng sind oder zu durchlässig sind, dann auf einmal habe ich einen Herzk klappenfehler. Das ist eine weitere wichtige Erkrankung. Dann mal zu guter Letzt vielleicht, die sogenannte hypertensive Herzerkrankung heißt ein Bluthochdruckherz.
Ela Wildner: Ja.
Dr. Henning Steen: In Deutschland, wir sind Weltmeister im Bluthochdruck, also um uns rum, Frankreich, Italien, Schweiz und was weiß ich, Polen, viel weniger und wir Deutschen knattern also mit unserem Blut-Hochdruck wirklich. Es gibt tatsächlich lustigerweise... Wenn Sie an der französischen Grenze sind, fünf Kilometer rechts von der franziellen Grenze, also in Deutschland, haben Sie, sag ich mal, 25 Prozent Bluthochdruckpatienten und links davon haben Sie vielleicht nur zehn Prozent. Also es ist wirklich auch in gewisser Weise lustigerweise ein deutsches Problem, was aber letztlich sehr viel Schaden anrichtet. Blut-Hochdruck merken Sie gar nicht. Wenn Sie Blut hochdruck haben, dann sagen Sie, was habe ich Blut Hochdruck? Viel spüre ich gar nicht, aber Ihre Gefäße spüren das. Wenn Sie einen erhöhten Druck in Ihren Gefäßen haben, dann kommt das eben zu dieser Aterosklerose, also Gefäßverstopfung. Das sind häufig Patienten, die dann Herzinfarkte bekommen oder eine Herzschwäche bekommen oder Rhythmusstörungen bekommen. Die Blut-Hochdruck-Erkrankung macht ganz viel. Sie dreht an so ganz vielen Rädern so ins Negative rein.
Ela Wildner: Fühlt dann sozusagen zu Spätsfolgen, die diese sind. Wow, okay. Das heißt, jeder, der so ein bisschen merkt, mein Herz stolpert, sollte spätestens dann mal zum Arzt gehen und nachgucken lassen? Ja.
Dr. Henning Steen: Wir wissen, wenn man sich das anguckt, wenn 20% der in Deutschland lebenden Menschen das haben, dann fallen die ja nicht alle tot um. Das sind ja total wenige. Aber, wie gesagt, es geht die zu identifizieren, wo man sagen müsste, die haben eine gefährliche Erzrhythmusstörung. Da heißt es also etwas damit, man kann eben diesen Patienten sehr gut helfen, wenn man weiß, dass sie es haben. Dann kommt der Allgemeinmediziner, der Internist, der Kardiologe erst mal ins Spiel und macht erst mal eine Ruhe-EKG. Da sieht man manchmal schon Veränderungen. Dann kann man diesen Patienten, der eine Ruhen-Ekg hat, kann man eine Langzeit-E-KG machen. Also ich meine, sie sind wahrscheinlich Sportlerinnen und sie haben jetzt einen Ruhepuls von 60 Schlägen. Also 60 mal schlägt ihr Herz pro Minute. Dann sind das ungefähr, sagen wir mal, 80.000 Schläge. In 24 Stunden. Da muss man hochrechnen, eine Minute, eine Stunde. Manchmal nicht so lang. Ungefähr ist das so. Sportler haben ja eher einen niedrigen Puls, also niedriger. Und wenn sie von diesen 60.000 Schlägen oder 80.000 Schlägen... Da kann man dann genau messen im Langzeit-E-KG, ich habe 1%, 2%, 10%, 20% oder 30% Schläge, die da eigentlich gar nicht so hingehören oder die mir das Herz nicht synchron schlagen lassen. Und das mag ein Herz, wenn es zu viele Extra-Schläge sind, nicht. Das heißt, das Herz wird schwächer, je mehr und häufiger und länger diese Rhythmusprobleme andauern. Es gibt also Patienten... Die bekommen eine Herzschwäche, also die Pumpkraft geht nach unten. Die Muskulatur funktioniert nicht mehr so gut, weil jeder 3. Oder 4. Herzschlag da gar nicht hingehört. Da keiner schlägt. Und ein Herz mag nix anderes als synchron schlagen. Schauen Sie sich vor, Sie hüpfen auf den Trampolin. Wenn Sie Trampolinhüpfen und machen das synchron, können Sie stundenlang. Wenn Sie aber bei jedem dritten Hüpf angestoßen werden und müssen, sagen wir mal, Sie gegenbewegen, das machen Sie eine halbe Stunde, dann tun Ihnen sämtliche Gelenke weh. Und das ist auch das Problem, wenn ein Herz die ganze Zeit irgendwelche Extra-Schläge bekommt. Je nachdem, was das für welche sind und wo die herkommen, muss man sagen, das ist eben gefährlich oder nicht gefährlich. Beziehungsweise diese Herzrhythmusstörungen, die kann man auch wegmachen.
Ela Wildner: Medikamente oder? Ja.
Dr. Henning Steen: Ja, da kann man es meistens nicht wegmachen, sondern nur reduzieren. Das ist schon ein super Erfolg, wenn ich Patienten habe, die im ersten langen Zeit-EKG 20.000 von 80.000 Herzschläge krank haben oder falsch haben und ich gebe denen ein Medikament oder mache eine Therapie mit denen und die haben nur noch 3.000 statt 20.00. Und dann noch mal sagen, super, auf den Siebten runter, das dankt Ihnen jedes Herz. Die Pumpkraft geht drauf, man ist entspannter. Oder aber tatsächlich, wenn wir z.B. Im Herz MRT, also im Kern spinnen, vom Herzen, Magnetresonanzpumagraphie vom Herze, das ist das, was wir hier viel machen, da können Sie teilweise Areale sehen im Herz, die sind verändert. Und aus diesen veränderten Gebieten des Herzens, da haben Sie, das ist sozusagen der Ursprung der Extra-Schläge. Wenn Sie normalen Herzmuskeln haben, dann ist das total gleich. Das überall sieht da gleich aus. Und dann gibt es z.B. Nach einer Herzmuskelentzündung, dann gehen Gebiete im Herz, aufgrund einer Viruserkrankung, weil da ist ein Virus drin, gehen kaputt. Und ein Herzmuske, der kaputt geht, wird zu bindige Webe. Also das verändert sich einfach.
Ela Wildner: Also bitte schlaff sozusagen.
Dr. Henning Steen: Oder wird sogar ganz abgebaut und durch ein anderes Gewebe ersetzt.
Ela Wildner: Ah, okay.
Dr. Henning Steen: Und dieses Gewebe, was jetzt anders ist, dieses fibrose Gewege, stellen Sie sich vor, wenn Sie sich mal so eine Hautnarbe, das ist auch eine Narbe, sehen Sie. Also wenn Sie eine Ratsch haben vor der Haut, dann sehen Sie, okay, da ist eine Narben. Das können wir auch am Herzen. Und aus dieser Narbe können diese Extra-Schläge erzeugt werden. Das ist ein bisschen komisch. Aber die Herzmuskelzellen, also die Gesamtheit des Herzmuskels, die Leiten den Strom. Das ist Stromleiter, wir machen die gar nicht. Und dieses Stromleiten wird unterbrochen da, wo Sie eine Narbe haben. Da wird der Strom nicht geleitet. Dann haben Sie so eine Art Verwirbelung. Und das sind diese Extra-Schläge.
Ela Wildner: Mhm.
Dr. Henning Steen: Wenn man das sieht und sehen kann, dass da Narben am Herzen sind, dann kann man mit einem speziellen, in einer Operation, in einem speziell Herzkatheter, also mit einem Schlauch, den man einführt, kann man diese Gebiete veröden. Man geht da rein mit so einer Energie, verödet das Gebiet, wo dieser Extra-Schlag herkommt. Und dann hat man eine ungefährliche Narbe. Man macht eine gefährliche Narben zu einer ungefährlichen Narben. Und dadurch... ...Schlägt das Herz viel rhythmischer.
Ela Wildner: Okay, und das geht dann ganz ohne Medikamente.
Dr. Henning Steen: Das würde ohne Medikamente gehen, aber das muss man eben wissen. Man muss eben genau sehen und visualisieren. Man braucht einfach in der Cardiologie, der Herzheilkunde brauchen Sie immer Zahlen. Sie müssen irgendwie immer messen. Sie müssen gucken, wie schwer ist das, wie ausgeprägt ist das. Wie viel Prozent sind das irgendwie? Dann können Sie sagen, das ist normal oder leichtgradig oder mittel- oder hochgradig. Das geht für Rhythmusstörungen genauso wie für Kraft des Herzens oder durch Blutung des Herzen.
Ela Wildner: Noch mal kurz einen Schritt zurück. Wenn der Bluthochdruck der große Risikofaktor ist, wäre es wahrscheinlich schon gut, bei dem anzusetzen. Gibt es da Warnfaktoren?
Dr. Henning Steen: Das Einfachste ist natürlich, gerade wenn Sie es nicht merken, dass Sie es häufiger messen. Dass Sie nicht immer nur sagen, vor sieben Jahren war ich mal beim Hausarzt, der hat noch einmal mal gemessen, super. Das ist natürlich schön, dass es damals so war. Aber das sollten Sie tatsächlich häufiger machen. Es gibt viele Apotheken, die das anbieten. Es gibt sehr gute Geräte, die können sich einfach mal kaufen. Das ist gar nicht so viel Geld. Es gibt Geräte, die können Sie um die Hand legen. Das sind Portables. Die können Ihnen das messen und einfach ab und zu mal messen.
Ela Wildner: Mhm.
Dr. Henning Steen: Und wenn dieser Blutdruck ganz grobe Richtung über 140 zu 90 ist.
Ela Wildner: Das wäre hoch.
Dr. Henning Steen: Das wäre dann schon beginnend hoch. Da natürlich wieder, wie in der modernen Karriere, immer Stufen und Graduierung. Aber so ganz grobe Hausnummer 140, 90 in Ruhe sollte er eigentlich nicht sein. Wenn Sie jetzt natürlich im Altbau wohnen und sind in der fünften Etage und rennen natürlich hoch und drei Minuten später messen den Blutdruck, dann ist der 180 zu 100. Das ist klar, weil wir den Druck dann brauchen. Aber der Nuss nach 10 Minuten Ruhe muss er wieder im Normalbereich unter 140 zu 90 sein. Und wenn er das nicht ist, nehmen wir mal einen Wert von 160 zu 100. Das ist schon hoch. Dann muss dieser Muskel die ganze Zeit mehr arbeiten, um Blut in die Hauptschlagader zu kriegen. Das ist sozusagen der Blutdruck hier. Da ist er drin, da messe ich den mit meinem Arm letztlich. Und ein Muskel, der verstärkt arbeiten muss, ist wie beim Sportler auch, der wird dick. Klar, in der Kraftbude wollen wir das, aber da wollen wir es nicht. Dann haben Sie ganz viel Herzmuskel, und der muss durchblutet werden, und das ist nicht optimal. Von daher haben Sie vollkommen recht, wenn man den Blutdruck optimal, also auch flächendeckend, messen würde, bei vielen durch Programme, Präventionsprogramme, Sportprogramme. Und nicht nur einmal, sondern immer wieder, dann würde man unglaublich vielen Leuten einen Herzinfarkt ersparen oder eben auch Rhythmusstörungen wie Vorrufflimmern. Das ist eigentlich so die häufigste Rhythmusstörung des älteren Menschen. Und das erzeugt enorme Kosten auch. Wenn wir das einfach durch ganz simples Blutdruckmessen machen würden, würde das schon unfassbar vielen Leuten helfen und würden viele keinen Herzinfarkt kriegen.
Ela Wildner: Ja, Wahnsinn. Dass wir in Deutschland so ein großes Problem mit Bluthochdruck haben, finde ich auch sehr erstaunlich. Das liegt an unserer Kultur, uns gerne aufzuregen.
Dr. Henning Steen: Ich meine, italienische Sporler oder wie auch immer regen sich auch wahnsinnig auf, oder Spanier oder so. Nein, ich glaube, das hängt mit sehr vielen Faktoren zusammen. Auch Blutdruck ist wie vieles, auch wie Rhythmusstörungen, wir nennen das Multikausal. Es gibt ganz viele Dinge, die darauf irgendwie einwirken können. Und Blutdrück hängt zusammen mit zu wenig Schlaf, zu viel Aufregung, zu viel Kaffee, Stress. Ich glaube, es ist ein Problem, dass wir uns immer der Mentalität perfekt machen müssen. Vielleicht klingt das auch ein bisschen vorurteilsmäßig, aber es ist häufig so. Das sind ganz viele Faktoren wie Ernährung. Wenn wir viel Salz zu uns nehmen, wenn wir viele scharfe Sachen zu uns geben, wenn wir viel Cola trinken, viel Bier, Alkohol, all diese Dinge, das führt letztlich über mehrere Umwege zum Bluthochdruck.
Ela Wildner: Das war's für heute. Bis zum nächsten Mal.
Dr. Henning Steen: Die Ernährung ist ein ganz, ganz wichtiger Faktor, der Gott sei Dank bei Sport auch so zentral im Mittelpunkt steht, zumindest bei denen, die es viel machen, dass man da gar nicht so viel dran machen muss. Aber wir haben tatsächlich eine Tendenz zum Bluthochdruck, zu uns aufregen. Das ist schon so, ist tatsächlich ein bisschen heftig. Es gibt sogar regional innerhalb Deutschlands Areale, wo stärker Blutdruck ist. Tatsächlich? Ja, tatsächlich. Wenn Sie Nordosten nehmen, da haben Sie aufgrund von mehreren Risikofaktoren, die erhöht sind, also Diabetes. Auch die Art der Ernährung, Cholesterin-Erhöhung, haben Sie verstärkt dieses Problem. Und in anderen Gebieten eher weniger. Also in südlicheren Gebieten, eher weniger, das ist tatsächlich eine ganz spannende Geschichte, epidemiologisch, wo dann welche Erkrankung wie ist.
Ela Wildner: Das ist tatsächlich sehr spannend. Sagen wir mal, Läufer gibt es überall. Wir sind ja ein Laufpodcast. Insofern hören uns wahrscheinlich primär Leute zu, die gerne laufen. Jetzt ist natürlich die große Frage, darf man das denn noch? Wenn man jetzt feststellt, fangen wir mal mit dem niedrigschwelligen an Bluthochdruck. Was sollte man dann beachten, wenn man damit Sport machen möchte?
Dr. Henning Steen: Also da gibt es ja sehr gute Wearables, die was messen können. Was man definitiv machen sollte, ist ganz engmarschig den Blutdruck mal bei sich zu Hause messen. Das ist das allererst, dass man für sich ein Gefühl kriegt, morgens, mittags und abends, wie ist der denn so? Das muss man jetzt nicht jeden Tag machen, aber sagen wir mal jeden zweiten, dritten Tag oder mal eine Woche und dann mal wieder eine Woche nicht. Aber dass man einfach ein Gefühl dafür kriegt wie ist er denn tatsächlich, wenn ich jetzt so ganz normal bin. Also nicht einmal vor dem Kaffee, einmal nach dem Koffee, einmal morgens um 4, einmal morgends um 7, sondern versuchen, wenn sie so gleich einen Ablauf haben, dass man morgens, mittags wenn es geht und auch abends definitiv mal zu tun. Und dann auch nicht gleich, wenn Sie da aufgestanden sind, dann ist das alles so ein bisschen unrepresentativ. Vielleicht vorm Aufstehen oder nach 10 Minuten oder so. Das ist definitiv so. Dann mal eine Langzeit Blutdruck machen. Also ein 24-Stunden-Gerät, das pumpt halt häufiger auf. Oder ganz modern gibt es auch das als wearable. Das heißt, Sie haben permanente Blut-Druck-Messungen. Das ist also ein Sensor, der die ganze Zeit, also alle, der macht so 24 bis 30 Messungen ohne aufzupumpen, einfach über so eine Haut-Durchblutungs-Messerung. Ganz genau, stört nicht weiter. Kann man abnehmen, sobald er dran ist, dann fängt er irgendwann an zu messen.
Ela Wildner: Mhm.
Dr. Henning Steen: Das ist natürlich grandios. Bei mir in der Praxis empfehle ich das sehr viel. Weil gerade weil der Bluthochdruck so ein Riesenproblem in Deutschland ist, ist das das erste Mal die Möglichkeit, dass wir wirklich Leute haben, die das während der Arbeit, in der Freizeit machen. Im Sport geht es nicht, weil da sind Sie in Bewegung, der wird ja nicht messen. Aber dass Sie generell ein Gefühl dafür kriegen, also das sind ganz, ganz wichtige Dinge. Wenn Sie Blut-Hochdruck haben, gehen Sie einmal zum Allgemeinen Mediziner, Internisten oder eben auch Kardiologen, lassen das abchecken. Einfach wirklich abchecken, sich in die Mühle ein bisschen reinbegeben. Dass Sie das wirklich verstehen als Kardiologen, wie ist die Pumpkraft, was sind das für Extra-Schläge im Ruh-EKG, was ist das für ein Profil, was Sie am Blutdruck haben. Wie sieht vielleicht auch die Hauptschlagader aus? Da ist ja der Druck drinne in der Hauptschlagader. Wenn da dauerhaft der hohe Blut-Druck ist, dann wird das halt weiter. Haben Sie aber einen Anurysma oder wie auch immer. Also eine Erweiterung der Haupt- schlagader. Also einmal wirklich kardiologisch durchchecken lassen. Und dann ein Gefühl dafür entwickeln, wann kommt der Blutdruck? Ist der Bluttruck eigentlich immer nur abends hoch? Oder ist der nur morgens hoch? Oder ist er immer hoch? Und dann tatsächlich zu gucken, wie ist meine Ernährung, wie sind meine Lebensgewohnheiten, wie ist mein Schlafverhalten? Habe ich zum Beispiel Schlaf-Pausen? Also Schneichern sind das, Leute, die so ganz viel schnarchen. Sagt mein Partner, du schnallst ja, das ist ja Wahnsinn. Oder du hast richtig lange Pausen, wo du anderthalb, zwei Minuten nicht atmest. Das ist ein unfassbarer Stress für den Körper. Der schießt der Blutdruck auf 200. Sie wachen die ganze Zeit auf, sind schlecht gelaunt, sind müde und sind total leistungsschwach. Also all diese Dinge einfach mal internistisch abklopfen. Wenn man es einmal hat, ist es gut. Und wenn rauskommt, okay, da sind verschiedene Erkrankungen, dann in Gott's Namen wirklich gehen Sie einmal pro Jahr, je nach Herzerkrankung, gehen Sie zum Kardiologen, lassen Sie sich anbinden. Die machen das nicht, weil die viel Geld verdienen wollen oder weil sie nichts zu tun haben. Sondern es ist wirklich wichtig zu verstehen, sind Sie gut eingestellt. Das sind so die wesentlichen Dinge eigentlich.
Ela Wildner: Ganz genau.
Dr. Henning Steen: Dann kann man immer noch sehr fokussiert sagen, was ist das denn für eine Herzerkrankung? Ein ganz dicker Herzmuskel. Es gibt diesen genetischen, da machen Sie gar nichts falsch, sondern das ist einfach in Ihren Genen drin, dass der Muskel immer dicker wird. Fußballspieler z.B. Haben immer einen Defi, weil die diese Erkrankungen eben haben. Und auch da, die machen auf eigene Gefahr Hochleistungssport mit einem Defi.
Ela Wildner: Ja.
Dr. Henning Steen: Aber da steht auch der Defi teils am Spielfeldrand. So empfehlen würde ich Ihnen das alles nicht. Aber wenn Sie mit Liebe Profisportler sind, dann sind das eben auch einmal Leute, die wollen das. Und denen muss man aber ganz klar sagen, pass mal auf, das Risiko besteht schon, dass du z.B. Die schlimmste Form der Rhythmusstörung in die Kammer flimmern bekommst. Wenn Sie da nicht adäquat ganz schnell jemanden haben, der Sie reanimiert, also eine Herzdruckmassage macht, dann werden Sie daran versterben. Das haben wir jetzt hier in Hamburg, sicherlich auch an anderen Orten immer wieder mal. Dass wir tatsächlich Menschen haben, die sich sehr gut ernähren, die lange trainiert haben. Und trotzdem schützt das nicht. Auch vor tödlichen Herzrhythmusstörungen.
Ela Wildner: Mh.
Dr. Henning Steen: Wenn man die vorher checken könnte, oder wenn das Pflicht ist, sie wollen wieder Sport machen, sie gehen bitte einmal, lassen sich von Locke bis Socke einmal durchchecken kardologisch, und dann dürfen sie auch. Das heißt nicht, dass zu 100%ig das dann richtig ist. Aber wir würden wahrscheinlich eine ganze Menge Leute davor bewahren, dass sie sich mit einer tickenden Zeitbombe an den Rand des Abgrunds bewegen.
Ela Wildner: Ja. Oftmals ist es ja tatsächlich leider nicht bekannt, aber sinnvoll wäre das. Bei vielen Veranstaltungen liest man ja schon bei der Anmeldung, wir empfehlen Ihnen das zu machen.
Dr. Henning Steen: Also wir hatten ja hier in Hamburg, haben wir dieses spezielle EKG eben appliziert. Haben wir mal gesagt, wir machen das mal. Und ich glaube, das waren 80 oder 90, die sich dann im Rahmen dieser Sportveranstaltung angemeldet hatten. Und bei 10% hätte ich als Kardiologe gesagt, mh, kein Leistungssport.
Ela Wildner: Das ist eine echt hohe Quote.
Dr. Henning Steen: Ganz genau. Das muss man schon auch sagen, das ist überhaupt nicht repräsentativ. Weil die, die sich da vielleicht noch angestellt haben, vielleicht auch schon mal gemerkt haben, was stimmt nicht, die Leistung ist nicht mehr die, die ich kenne von mir, ich rufe das nicht mehr ab. Also man nennt das Bias. Das ist sozusagen gar nicht so eine repräentative Gruppe. Aber da waren wir dann schon echt auch ein bisschen betroffen. Und gerade wenn man dann danach liest, dass eben Menschen bei so einer Sportveranstaltung umgefallen sind, schwere Kreislaufreaktionen gehabt haben oder reanimiert werden mussten.
Ela Wildner: Da denken Sie als Kardiologe dann, das wäre vermeidbar gewesen.
Dr. Henning Steen: Ja, ich sag mal so, auch nicht in 100%. Muss man ehrlicherweise sagen. Wenn Sie eine genetische, seltene Kanalerkrankung haben, das ist so was ganz Seltenes, das würden Sie auch da nicht feststellen. Muss man ganz klar so sagen. Aber viele dieser Herzerkrankungen oder auch gerade Herzrhythmusstörungen, da glaubt man teilweise gar nicht, das sind Leute, die haben... Da hab ich es heute Morgen wieder jemanden gehabt, der 30% seiner Herzschläge sind Extra-Schläge. Also jeder dritte, vierte oder immer dritte Herzschlag oder zweites bis dritte Herrschlag, Extra-Schlag. Der guckt einen wirklich mit großen Augen an und sagt, was hab ich, ich hab... Merkt das gar nicht. Und dann gibt es denjenigen, der hat eine Langzeit-EKG um. Wenn Sie eine Langzeite-Ekg haben, machen wir manchmal so Reportings. Also man sagt, da war ich jetzt joggen, da hab ich das gemacht, da hab was gespürt, da fand ich es komisch. Um 23.13 Uhr hab ich auf die Uhr geguckt, da ist irgendwas. Und Sie haben dieses EKG, stundenlang ist gar nichts und um 23. 13 Uhr zwei Extra-Schläge.
Ela Wildner: Untertitel im Auftrag des ZDF, 2020
Dr. Henning Steen: Die merken einzelne Schläge oder es gibt Leute, die merken 30.000 Herzschläge als ganz normal, nicht. Das merke ich gar nicht. Das ist ein bisschen das Problem, was wir haben, generell in der Kardiologie. Wir verlassen uns sehr auf Symptome.
Ela Wildner: Mhm.
Dr. Henning Steen: Wenn ich Ihnen sage, 20 bis 25% aller Herzinfarkte, das ist echt gefährlich, Herzinfarge kann tödlich enden, die haben voll gar keine Symptome, null. Die rollen in die Notaufnahme ein und man sagt, Sie haben einen Herzinfakt. Und die sagen, was hab ich, ich war doch gestern noch Sportmachen. Ich war doch gerade aus den Bergen, ich hab doch da gewandert. Das ist ein großer Fehler, dass die Symptomen... ... Nicht immer da sind. Das ist die große Kunst der Kardiologie, die rauszufischen, die gar keine Symptome haben, aber trotzdem herzkrank sind. Und das können wir eben einfach nur, oder Gott sei Dank, auch mit eben moderner Technologie wie eben EKGs, Langs-EKGs, oder dieses 3D-Vektor-EkG, wo Sie tatsächlich in einem EKG, innerhalb von gefühlt 4 Minuten, da können Sie schon sagen, die Pumpkraft, obwohl Sie das Herz gar nicht sehen, können Sie die Pumpkraft vielleicht sogar bestimmen. Sie können sagen, das sieht nach einem beginnenden Herzproblem aus, bitte mal weiter, Sie können solche Techniken nehmen. Wie so ein Sieb oder wie so ein Fangnetz. Die, die da durchrutschen, super, die sind gesund, da sind sie auch relativ sicher, dass sie gesund sind. Und die, die hängen bleiben in diesem Netz, die müssen sie weiter anschauen. Da müssen sie wirklich alle Energie reinpacken und sagen, Mensch, von diesen, sag ich jetzt mal, 90 Sportlern, sind wir bei 80 oder was, war alles gut, aber die 10, die müssen zügig... Von einem Facharzt gesehen werden, mit verschiedenen Techniken untersucht werden.
Ela Wildner: Das setzt natürlich voraus, dass man auch regelmäßig zum Checkup geht.
Dr. Henning Steen: Genau, also wenn Sie gesagt, gesund sind, ich sag mal alle 3 bis 5 Jahre. Wenn Sie tatsächlich z.B. So was haben wie, Sie hatten mal so eine verstopfte Ader, und da ist z. B. Ein Stent reingekommen, also eine Gefäßstütze. Man nennt das koronare Herzkrankheit, wo ein, zwei oder drei Gefäße betroffen sind. Oder Sie hatten eben tatsächlich einen Herzinfarkt. Dann würde man tatsächlich, und Sie machen jetzt Sport auf höherem Niveau, also nicht so ab und zu mal so ein bisschen, so 2 km, sondern wirklich, Sie wollen sozusagen Ausdauertrainieren, Sie wollen 3-5 Mal die Woche... Und einen schnellen Marathon laufen oder so was. Dann muss man ganz klar sagen, das ist kein Ausschlusskriterium. Also wenn Sie einen Herzinfarkt hatten oder Bypässe bekommen haben oder Stents bekommen haben, aber Sie müssen sich häufiger checken lassen. Also man sagt so eigentlich alle 6 bis 12 Monate. Tatsächlich zu einem Cardiologen oder Internisten mit einer Sportausrichtung und zumindest mal eine hohe EKG und Belastungs-EKG machen. Wenn Sie zunehmend merken, Sie haben so ein Druckgefühl, enge Gefühl, das zieht in den Arm, da sitzt Ihnen jemand auf der Brust oder so. Oder es erinnert Sie an das Gefühl, was Sie kurz vorm Herzinfarkt hatten.
Ela Wildner: Mhm.
Dr. Henning Steen: Dann bitte sofort, selbst wenn es Juli ist. Ja, ich habe ja im Oktober einen Termin, nix da. Da gehen Sie bitte zügig hin. Ganz, ganz, ganz wichtig. Das ist sozusagen, wenn Sie so eine coronare Herzkrankheit haben, die häufigste in Deutschland vorhandene Erkrankung letztlich. Bei Bluthochdruck müssen Sie messen, messen. Und wenn der gut eingestellt ist, unter 140, 90, prima, dann machen Sie auch Sport. Messen Sie wieder nach, eine halbe Stunde später, Stunde später. Wenn der wieder optimal ist, super. Wenn der immer noch bei 200 hängt, ist der noch nicht optimal eingestellt. Das sind so Dinge, wo ich sagen würde, wenn Sie was am Herzen haben, sei es die coronare Herzkrankheit, sei es Herzschwäche, dann sollten Sie alle 6 bis 12 Monate tatsächlich sich zeigen. Sie können auch anrufen und schildern usw. Wenn der sagt, das ist doch super, das doch klasse, dann ist das prima. Ich hatte gerade über Symptome berichtet. Was ist denn was? Druckengegefühl nennen wir auch so dieses Angina Pectoris. Angina-Pectoris-Gefühl, Druckenge-Gfühl auf der Brust, das ist das eine. Das zweite, was häufig Leute haben, die haben eine Belastungsluftnot. D.h. Die gehen z.B. 3, 2, 3 Etagen rauf und müssen sagen, ich kann gar keine Luft mehr bekommen. Dann haben die nix an der Lunge, sondern häufig was am Herz.
Ela Wildner: Ja, okay.
Dr. Henning Steen: Das ist ein Herzproblem. Wenn Sie eine unklare Luftknappheit bekommen unter Belastung.
Ela Wildner: Belastung wäre auch schon so was Alltägliches wie eine Treppe.
Dr. Henning Steen: Das ist das klassische Feld, was ich eigentlich habe, der Nichtsportler, der einfach ankommt und sagt, ich habe gar kein Druckgefühl, aber ich kriege überhaupt keine Luft. Ich muss jedes Mal mit dem Wäschekorb 2-mal anhalten. Solche Sachen. Wenn wir mit dem Fahrrad einen Deich rauffahren, passiert nichts. Ich muss dann irgendwie anhalten, das ist so etwas. Wenn darunter auch Schwindel passiert, also Sie strengen sich körperlich an, Sie fangen an zu laufen, wir nehmen mal schwindelig, desorientiert, aufhören, sofort aufhört, das können solche Rhythmusstörungen auch gefährlich sind. Und eine zunehmende Leistungsschwäche. Normalerweise rennen Sie 5 km in der und der Zeit, dann denken Sie, das kriege ich gar nicht mehr hin. Ich brauche 20%, 30%, ich kann das gar nicht. Vorstellen, nicht erst in 3 Monaten, sondern sagen Sie, ich habe das Gefühl, mein Herz pumpt viel schwächer. Einhergehen tut so was meistens mit verdickten Beinen. Oder Sie merken, dass Sie schwerer werden. Sie essen ganz normal, sie essen gar nicht anders, aber sie wiegen jetzt gar nicht mehr 70 kg, sondern auf einmal 73 kg oder 76 kg, werden zunehmend müde, sind ein bisschen desinteressiert, auch ein bisschen deprimiert. Das können Dinge sein, wo die Herzkraft nachlässt, wo wir dann von Herzschwäche sprechen. Das sind so wesentliche Aspekte, wo man sagen kann, da könnte auch was am Herz sein. Wenn Sie nachts auf einmal aufwachen, und das Herz pumpt so ganz komisch, das pumpt gar nicht rhythmisch, wie so eine Nähmaschine, wie so ein Morse-Ding. Wo jeder Schlag unregelmäßig ist, dann ist das die Erkrankung Vorhof-Flimmern.
Ela Wildner: Mhm.
Dr. Henning Steen: Eine Erkrankung, die haben wahnsinnig viele gerade im älteren Lebensalter, aber potenziell können Sie Schlaganfälle bekommen. D.h. Da müssen Sie sich zügigst vorstellen. Wenn Sie so was haben, müssen Sie am nächsten Tag zum Hausarzt, oder wenn es ganz unangenehm ist, gehen Sie in eine Notaufnahme. Das ist so, ne? Das sind so Dinge, wo man sagen kann, wenn Sie in so eine Kategorie kommen, dann... Stellen Sie sich einmal vor, lassen Sie sich fachärztlich einordnen. Und ab dann gucken Sie, wie ist das mit meiner Leistung? Bleibt das so, ist das stabil, oder wird das weniger? Wenn das weniger wird, wieder vorstellen. Das ist sehr individuell, man kann gar nicht sagen, immer alle 6 Monate, das kann man tun. Aber dann überlasten wir so ein System auch. Dann kommt der Patient 10-mal nach 6 Monaten und es ist nix. Beim 11. Mal kommt er nicht, weil es war sowieso nix.
Ela Wildner: Ja, verstehe.
Dr. Henning Steen: Und dann kann ich schon auch ein bisschen in sich reinhören. Und gucken, bin ich dann noch genauso fit wie vorher?
Ela Wildner: Das ist auf jeden Fall eine gute Handreichung. Ich höre so ein bisschen raus, in der Akutphase sollte man immer erst gucken, dass man die Probleme in den Griff kriegt. Also es ist jetzt der Bluthochdruck oder auch Herzrhythmusstörung. Und dann lieber erst mal auf Sport verzichten?
Dr. Henning Steen: Ja, ich bin da sehr konservativ. Wir kommen aus der Covid-Zeit, wo sehr viele Leute, weil wir es auch alle nicht besser wussten, gesagt haben, jetzt hast du Covid, jetzt machst du mal 2 Wochen Pause und dann fängst du wieder an zu laufen. Ganz fürchterlich viele haben das bitter bezahlen müssen, weil das eben viel zu früh war. Und selbst nach einer Impfung. Jetzt ist doch eine Woche her, das war teilweise zu früh. Ich habe hier relativ viele Patienten gehabt und gesehen. Und wir messen das im MR, wir sehen Veränderungen. Die sind eigentlich nicht gravierend. Das ist so marginal, gerade eben, dass wir sagen können, es ist pathologisch, also krankhaft. Also das auf der einen Seite. Aber das Krankheitsgefühl ist immens, was die haben. Die sagen, ich kam die Treppe nicht mal auf. Das subjektive Empfinden ist ganz anders als die objektivierbaren, kleinsten Veränderungen am Herzen, die wir messen können. Aber wo wir sagen, das kann eigentlich gar nicht sein. Dann reden wir gar nicht über, sagen wir mal, dann reden wir über Energiestoffwechsel. Wir reden über Energistoffwechselstörungen, sogenannte mitochondriale Dysfunktion. D.h. Unsere Kernkraftwerke in den Zellen, die die Energie produzieren, produzieren zu wenig. Das merken Sportler. Die rennen 3 km und sagen, das kann man nicht sagen. Ich fühle mich nach 20 km. Ich komme die Treppe nicht rauf, ich kann keinen Liegestütze mehr machen. Was weiß ich alles, was man macht. Oder Tennis spielen wird schwindelig usw. Das hängt mit solchen infektiösen Erkrankungen zusammen. Da bin ich inzwischen sehr restriktiv. Wir haben auch damals ein Programm gehabt, wo wir sagen, wir messen 2 Blutwerte. Das ist ein Herzschwäche-Wert. Und Troponin, das ist ein Wert, wo wir sehen können, ob Herzmuskelzellen zugrunde gehen. Den haben Sie z.B. Wenn Sie einen Herzinfarkt haben, dann gehen auch Zellen zugrunde. Oder wenn Sie eine Herzmuskelnentzündung haben, dann gehen die auch kaputt. Aus diesen beiden Werten plus dem MR-Arzt konnten wir sehr genau ausschließen. Wir müssen nicht sagen, dass da was Schlimmes am Herzen ist. Oder sagen, doch, da ist was. Wir messen eindeutig da leichte Veränderungen. Bitte kein Sport. Ich habe heute einen Patienten gehabt, dem habe ich vor 7 Monaten gesagt, du hast eine mittelgeradig eingeschränkte Punktkraft. Das ist für einen Sportler eine Katastrophe. Wenn Sie eine Punktkraft von 40% haben, das ist nicht toll. Sportkarenz, Herzschwächenmedikation für 7 Monate. Der hat heute eine normale Punktkraft, 56%. Das ist für Sportler normal. D.h. Dadurch, dass man einmal die totale Notbremse zieht und sagt, ich muss diesem Organ, was jeden Tag 60, 70, 80.000 Mal durchgehend schlägt, muss ich mal eine Ruhepause gönnen. So schade das auch ist. Wenn ich das tue, ist in vielen Fällen danach die Funktion wieder gut. Dann kann ich wieder Sport machen. Auch da langsam anfangen. Wirklich langsam anfange. Ich habe vor 9 Monaten 20 km unter der Zeit laufen können. Das kriege ich jetzt wieder hin. Ich bin ja fit. Bitte nicht. Ramp-up, langsam. Gerade nach Covid langsam, langsam anfängt. Das ist kein Witz. Ich habe viele Leute, die symptomatisch nach Covid fahren, wie ich gesagt habe, jeden Tag 500 m. Laufen. Wenn ich aufhören, danach guckst du am nächsten Mal, wie geht es mir? Habe ich Muskelprobleme? Habe Muskelschmerzen? Fühle ich mich müde? Konnte ich gut schlafen? Habe Rhythmusstörungen? Wenn nicht, nochmal 500 m. Das 3 Tage nach. Wenn man dann sagt, mir geht es eigentlich so wie vor 3 Tagen, dann die sensationelle Steigerung auf 750 m. Wo du denkst, ich kriege zu 750 m, anders ist es...
Ela Wildner: Das ist total schwer für Leute, die gerne Sport machen. Das verstehe ich.
Dr. Henning Steen: Ich habe wenige entgeisterte Gesichter geblickt. Was ist denn das für eine komische Empfehlung? Aber man konnte wirklich einen Ramp-up machen. Auf 1,5 km, auf 2 km. Immer dem Körper Zeit geben. Dann gab es Leute, wo das dann besser wurde. Und es gab bei einigen Patienten den einen Punkt, wo sie sagten, ich bin 4 km gelaufen und danach war Sense. Dann bin ich wieder eingebrochen. Das sind sehr spezielle Formen, wie bei Covid. Aber wirklich dem Herzmuskel die Zeit geben. Eine Herzmuskelenzündung der Genen, das dauert monatet. Jede Herzmuskelnzündungen, die ich diagnostiziere, die frisch ist, bestelle ich mir nach 6 Monaten wieder ein. Weil es sein kann, dass dieser Herzmuskell einen bleibenden Schaden hat.
Ela Wildner: Copyright WDR 2021
Dr. Henning Steen: Im MR kann ich das extrem genau bestimmen. Ich kann nicht sagen, ungefähr plus, minus 50% Pumpkraft. Sondern ich kann sagen, das war 57%, ist jetzt bei 49% und wird dann, wenn er wiederkommt, auf einmal wieder 55%. Ich kann sehr genau die Therapie monitorn. Das ist in diesen Fällen nicht bei allen, aber in diesen fällen extrem wichtig.
Ela Wildner: Copyright WDR 2021
Dr. Henning Steen: Dass man wenig sagen kann, wo bewegen wir uns hin? Also profitiert der Patient oder nicht?
Ela Wildner: Copyright WDR 2021
Dr. Henning Steen: Also heute, der massiv davon profitiert. Pumpkraft verbessert, Herz wieder kleiner, die Gewebezusammensetzung viel besser. Das ist natürlich eine schöne Geschichte, aber für den war das total hart.
Ela Wildner: Das kann ich mir vorstellen. Das war ein bisschen schrecklich. Aber ich kann es mir vorstellen.
Dr. Henning Steen: Sieben Monate da irgendwie hängen. Man konnte sich das nur im Fernsehen angucken.
Ela Wildner: Für die meisten Läufer ist es schon eine Strafe, wenn man sagt, du darfst das mal eine Woche nicht.
Dr. Henning Steen: Das fällt auch schwer, weil man die Leidenschaft sieht, die derjenige dann auch hat. Aber man sieht auch die anderen Fälle. Vor ein paar Jahren hatte man die Myokarditis, also die Herzmuskelentzündung, hatte man so als Banalität. Dann haben wir im MR vor, haben Kollegen aus Stuttgart vor 10, 15 Jahren auch schon MRTs gemacht. Und haben diese jetzt mal, also 10,15 Jahre nach dem ersten MRT, einfach noch mal angerufen. Und zwar die Patienten, die ein spezielles Muster hatten, die an einer ganz bestimmten Stelle im MRT eine Narbe hatten. Nicht irgendwo, sondern genau an der sogenannten Herzscheidewand. Wo diese Kammern sozusagen getrennt sind. Man nennt das Midwall Sign. Also mitten in der Wand von diesem Herzmuskel gab es eine weiße Linie. Wenn es mal Kontrastmittel gibt, ganz merkwürdig. Ich glaube, davon haben 20% nach 10, 15 Jahren, muss ich mal nachgucken, nicht mehr gelebt. Das heißt, es gibt Narben nach Herzmuskelenzündung, die sind super gefährlich. Da überlegen wir uns in der deutschen Gesellschaft für Kardiologie gerade, diesen Patienten mit diesen Narben ein Defi einzubauen. Und es gibt Narben, die sind relativ banal. Und es geht auch Herzmuskelenzündungen, die heilen komplett narbenlos aus. Die hat man nach, ganz akut sieht man die. Und dann kommen die nach 3 bis 6 Monaten eben wieder. Und dann denkt man sich, habe ich mich da verguckt oder was? Die sind wirklich ausgeheilt. Das ist der Start, wo man sagen kann, okay, das ist doch super. Ich bin froh und gewissens, wieder anzufangen. Die Patienten, bei denen die Narbe bleibt, die können auch anfangen. Aber denen würde ich immer empfehlen, Langzeit-EKGs zu machen. Oder es reicht schon die Puls. Oder es gibt heute exzellente Uhren und Anbieter. Das wissen Sie wahrscheinlich besser als ich. Wo man wirklich super messen kann. Okay, das sind dann wirklich verlässlich. Man hat eigentlich gar keine Rhythmusstörungen. Das wirklich dann zu machen. Das heißt also nicht, wenn Sie im MR waren und da sagt jemand, Sie haben so eine Herzmuskelentzündungsnarbe. Nach dem Motto, Sie können das alles aufgeben, brauchen Sie nicht. Man müssen nur verstehen, hat das in Ihrer Lebenssituation oder in Ihrem Sporn eine Relevanz oder nicht. Es ist 1%, 3%, 5%, 7%, 12% Rhythmusstörung. Und was sind das, wie wir sehen die aus?
Ela Wildner: Das ist das, was Sie auch ganz am Anfang sagten. Dass es unbedenkliche gibt und die, die wirklich gefährlich sind. Wenn man einmal rausgefunden hat, das sind unbedenkliche Herzrhythmusstörungen. So komisch, dass irgendwie auch klingen mag. Ist das aber irgendwie okay? Und man kann auch seinem Sport nachgehen.
Dr. Henning Steen: Und dazu auch noch mal, wo Sie es gerade sagen, mit dem unbedenklich Rhythmusstörung, wo wir sagen, die sehen jetzt nicht schlimm aus. Der Leidensdruck ist komplett unabhängig davon. Es gibt Leute, die haben völlig banale Rhythmusstörungen im EKG und die leiden wirklich massiv.
Ela Wildner: Ja, Rhythmuspatienten.
Dr. Henning Steen: Rhythmuspatienten sind häufig auch ein bisschen ängstliche Patienten. Oder gar nicht mal per se ängste, sondern das macht ihnen Angst, dass sie das Herz spüren, was sie vorher vielleicht nicht gespürt haben. Und gibt es aber gerade bei diesen Herzrhythmusstörungen auch, wie gesagt, Sachen, wenn man den Kaffeekonsum reduziert, Energydrinks reduziert Koffein in jeglicher Form. Wenn Sie Rückenprobleme haben, also Rücken macht Rhythmus. Also wenn Sie Rückenverspannung haben, Mühe gelosen haben, Faszienprobleme, haben sowas und das zum Beispiel nicht behandelt, weil Sie haben jetzt einen stressigen Job, müssen viel tippen, da sitzen und sind total verspannt. Diese Patienten haben vermehrt Rhythmusstörungen.
Ela Wildner: Weil sich das orthopädisch so ausfällt.
Dr. Henning Steen: Ja, weil embryonal, also in unserer Genese, wenn wir Mensch werden, sind sozusagen die Rücken nervengeflecht und das Herz nervengeflecht zusammen.
Ela Wildner: Das heißt...
Dr. Henning Steen: Das heißt, wenn Sie den Rückenwasser strahlt, ist das Herz umgedreht. Das ist ganz merkwürdig. Deswegen haben wir manchmal auch so Rückenschmerzen beim Herzinfarkt. Das ist so eine gemeinsame Verschaltung.
Ela Wildner: Da liegt das... Genau.
Dr. Henning Steen: Genau, und das sind so Dinge wie Schlafmangel. Wenn Sie zu wenig schlafen, dann brauchen Sie sich nicht wundern, dass die Rhythmusstörung Stress macht. Stress macht Stresshormone. Stressh hormone machen Rhythmusstörungen. Und wenn Sie so ein Cocktail haben aus, ich schlafe zu wenig, ich bin vielleicht, ich habe einen Berufsanfänger, habe enormen Druck, muss Leistung liefern. Wenn ich so schlecht schlafe wegen des Druckes, trinke ich auch ein bisschen Kaffee, damit ich wach werde, dann haben Sie vier, fünf klassische Risikofaktoren. Oder die Kleinkindphase, wo die Mütter und die Väter weniger schlafen, wo das eine total stressige Phase ist. Die haben massiv mehr Rhythmusstörungen.
Ela Wildner: Okay.
Dr. Henning Steen: Die sind, aber fallen ja nicht alle tot um. Sondern die fühlen das anders. Und dass Sie das erste Mal das fühlen, das macht Angst. Diese Angst, die muss man ein bisschen kanalisieren. Und das kann man am besten, indem man es misst. Man misst sozusagen die Rhythmusveränderung und kann dann sagen, völlig banal, kein Problem. Von mir aus jetzt im MRT oder im sonstigen Verfahren, wir sehen gar kein Problem... Bleib entspannt. Geh mal in eine Massage, nimm mal ein heißes Bad, eine Infrarotlampe, Thermacare oder solche Sachen, wo man sagen kann, ich entspann mich mal, von mir aus irgendeine Thai-Massage, irgendwas, was der Muster tut, eine Faszienrolle, solche Sachen. Und wo man einfach mal dieses ganze System entlastet. Eine Stunde warmes Wasser im Rahmen einer Badewanne-Session und dann einfach mal runterkommen. Einfach mal 10 h Schlaf, wenn es geht. Da wird man schon merken, wie gut einem das tut. Und wie der Körper mit dem Rhythmus darauf reagiert.
Ela Wildner: Wenn man sich das einmal absichern lassen hat, dann ist man ja auch aus dem Modus raus, dass man noch hinterfragt, könnte da was sein.
Dr. Henning Steen: Ja, in der Theorie ja. Aber wie gesagt, das muss man sich immer wieder sagen. Je genauer man das einmal tut, desto besser eigentlich. Wenn man so sagt, ich hab jetzt so einen Test gemacht. Das ist nicht so gut, wie wenn man sagt, ich hab das gemacht, das, das. In allen Untersuchungen kam raus, es ist nicht schlimm. Dann hat man wie ein Strohhalm manchmal auch, wenn man so ein Angstgefühl hat, dass man sagen kann, es ist alles gut, wir haben das mit modernen Verfahren gemessen. Das ist wirklich okay.
Ela Wildner: Ich habe immer allgemein nach Sport machen gefragt. Man kann ja sehr verschieden Sport machen. Da wäre noch die Frage, gibt es Unterschiede, wenn ich z.B. Unbedenkliche Herzrhythmusstörungen habe? Ist es ein Unterschied, ob ich immer nur moderates Grundlagen-Ausdauertraining mache oder auch gerne mal jede Woche mein Intervalltraining?
Dr. Henning Steen: Ich glaube, das kann man alles machen. Es gibt Rhythmusstörungen und auch Trainingsprogramme. Sie gehen 4-mal die Woche, machen Sie etwas sportlich. Am Sonntag machen Sie so einen Ausdauer, 45-60 min. Und laufen Montag locker aus. Dann können Sie am Mittwoch Krafttraining machen. Und am Freitag auch ein Intervalltraining. 2 min Power, dann haben Sie Pause, Powerpause. Das sind ein paar Zyklen. 5, 3, 4 Zykle, was Ihnen auch gut tut. Das können Sie durchaus machen, finde ich gar kein Problem. Je nachdem, was ich diagnostiziert habe, würde ich das unter ärztlicher Kontrolle machen. Das gibt es im Herzgruppen. Es gibt Herzsportgruppen, es gibt Herzinfarktsportgruppen. Je nachdem, was Sie für eine Grunderkrankung haben. Es gibt herzschwäche Gruppen. Das würde ich tatsächlich unter ärztlicher Kontrolle so tun. Nicht immer, sondern für eine Zeit. Um auf eine Sicherheit zu gewinnen. Ich habe die und die Grunderkrankungen. Und ich mache für mich ein Training. Was adäquat ist? Herzinfarktpatienten machen 75% von dieser höchsten Herzfrequenz. Angesagen, Sie sind 40 Jahre. Dann gibt es diese Formel, 220-40, bei 180. Wenn Sie 3 Viertel davon nehmen, sind Sie bei 140 oder so. Max. Sie fallen nicht bei 142 tot um. Aber so eine grobe Orientierung.
Ela Wildner: Also schon gerne Pulsorientierung trainieren. Da ist die Pulsuhr am Handgelenk.
Dr. Henning Steen: Das wäre etwas, wo man sagt, was Sie wollen. Wenn Sie Fett verbrennen wollen. Wenn Sie Ausdauer machen wollen. Wenn Sie Anerob machen wollen, das sind alles Dinge, wo man sich adaptieren kann. Aber ich würde Ihnen tatsächlich nach Infarkt oder mit einer stabilen KHK, 75% ist eine Richtlinie, wo man sagen kann, darüber musst du nicht. Kannste, aber ... Wunder dich auch nicht, wenn das Herz irgendwann sagt, nicht gut. Wenn du ganz viel läufst und hast eine Elektrolytverschiebung, du schwitzt wahnsinnig viel, dann hast du eine Elektrolitveränderung. Elektroloidveränderungen können Rhythmusstörungen machen. Eine Hypokaliemie, ich habe zu wenig Kalium im Blut, macht eine Rhythmustörung. Auch eine Hyperkaliemie, da esse ich ganz viel Kalium. Auch das, man muss einen gewissen Mittelwert. Da auch immer aufpassen, dass man das adäquat macht und unter sportärztlicher Kontrolle. Dann ist das gar kein Problem. Sie müssen das Herz nicht überfordern, aber gezielt fordern, gibt es so einen Satz. Nicht überfordert, aber gezielter fordern. Das finde ich ganz gut. Das ist so ein Satz, wo man sagt, das heißt nicht, dass du dich nicht fordern darfst. Dass du das tun musst in einem gewissen Rahmen. Dann sollte es auch ... Auch da in verschwindend geringen Prozentsatz ein Problem geben. Man muss sagen, in der Medizin sind 2 Sachen zu 100%. Sie werden geboren und sie sterben. Alles andere, was wir in einer Risikostratifizierung, der Risikoabschätzung machen, ist letztlich moderne Stochastik. Es ist so eine Wahrscheinlichkeitsrechnung, wo man sagt ... Man guckt sich mal 10.000 Menschen an mit der Konstellation. Dann machen die mal ... Entweder nehmen sie ein Medikament, oder sie machen ein Training. Dann guckt man 2, 3, 5 Jahre später, wie geht es denen eigentlich?
Ela Wildner: Mhm.
Dr. Henning Steen: Geht es denen irgendwie schlechter, als denen, die gar nichts hatten? Das sind dann wenig auch so Vergleich. Wenn man sagt, das ist eine supertolle Methode, dann kann es trotzdem sein, dass der ein oder andere falsch kategorisiert wurde. Das ist sicher so. Aber wenn Sie mit Wahrscheinlichkeiten rechnen, das hilft wahnsinnig vielen Leuten. Wenn Sie sagen können, pass mal auf, ich sage jetzt mal, wenn ich einen Stress-MRT habe ... Und das ist normal. Im Stress-MRT gucke ich durch Blutungsstörungen. Habe ich eine relevante Blutstörung, könnte ich einen Herzinfarkt bekommen. Wenn das normal ist, wenn Stress- MRT ein Normalbefund zeigt, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten 2 bis 3 Jahren irgendwas Schlimmes in Sachen Herzinfarge, Schlaganfall ... Zu 95% kann ich das ausschließen. Nie zu 100, geht nicht. Das gibt nichts zu 100. Es gibt nur zu einem sehr hohen Prozentsatz. Das ist so ein Ding. Das sagen sich Patienten noch ganz häufig. Der hat gesagt, ich habe da nichts. Oder zu 95% habe ich da nichts, und da sind viele erst mal extrem erleichtert. Wenn man das sich macht, unter ärztlicher Kontrolle, seinen Rhythmus findet, seine Grenze findet, wo es einem noch guttut, dann weiß man sogar, dass Herzpatienten, die Sport machen, länger leben. Es ist protektiv. Sport ist ein Medikament.
Ela Wildner: Wenn ich es im richtigen Maße mache und mich nicht überfordere.
Dr. Henning Steen: Ein weiterer sehr wichtiger Satz aus der Medizin. Alles ist Gift. Es kommen nur noch welche Konzentrationen. Die Dosis macht das Gift? Ganz genau. Das ist genau der Punkt. Wenn die Dosis stimmt, dann werden sie in Sport, hat unfassbar viele positive Eigenschaften auf den Körper. Auch auf die Psyche, auf den Stoffwechsel. Da sind so viele Dinge, wo man sagen kann, wenn du es schaffst, dosiert, richtig angewandt Sport zu machen, wirst du deinem Körper so viel Gutes tun, dass du länger lebst oder von der Qualität auch besser lebst. Dieses Quality-of-Life-Gefühl, das man so hat, dass das deutlich besser ist.
Ela Wildner: Das klang schon ein bisschen durch. Leistungssport macht man auf eigenes Risiko, wenn man einen Befund hat.
Dr. Henning Steen: Wenn man relativ viele Leistungssportler hat, ehemalige Leistung, die heute vielleicht 50 sind, da haben relativ viele Herzbeschwerden. Man weiß heute, Foto-Flimmern ist ganz häufig bei Ausdauersportlern. Wenn ein Ausdauer-Sportler lange, viel und hart trainiert hat, das auch musste, weil es sein Job war, sein Broterwerb, dann hat man relativ viel Leute, die Fotoflimmern haben. Marathon-Läufer, die exzessiv trainiert haben und auch wahnsinnig gut sind, wenn man denen 20 Jahre später mal ins Herz reinguckt mit dem MR, sehen wir Narben. Nicht unbedingt Herzinfarkt-Narben. Das haben die häufig gar nicht. Sondern Narben für Entzündungen. Oder wenn sie Death-Ballet-Lläufer nehmen, die 100 km bei 50 Grad rennen. Da haben Sie Herzmuskel-Zell-Zerfall. Das können Sie richtig hoch messen. Durch die Belastung selbst? Ja, so sind wir nicht gebaut. Wenn der Löwe kommt, wir aus dem Baum rennen. Aber wenn der 90 km weg ist und 52 Grad ist, das ist irgendwie schwierig. Wir sehen immer wieder im MR, dass wir Herzmuskelveränderungen haben. Bindegewebe, was da nicht hingehört. Das kann Rhythmusstörungen machen. Die kann man wieder wegmachen. Oder mit Medikamenten behandeln. Das ist also nicht nur positiv. Deswegen ist ein dosierter Sport individualisiert. Das individualisierte Trainingsprogramm für denjenigen wahnsinnig wichtig. Sie können auch zu viel machen. Diese Cardiac-Fatigue. Als wenn ich beim Marathon läufe. Wenn ich nach dem Marathon die Herzfunktion messe, gibt es welche, die geht nach unten. Weil sie so überanstrengt sind? Genau, die sind erst mal platt. Wenn ich das dann wieder messe. Dann sind die deutlich besser. Das ist schon etwas, wo das Herz an seine Grenzen kommt.
Ela Wildner: Dann ist man in dem Bereich, wo man guckt, ob man einen Trainingseffekt kitzelt.
Dr. Henning Steen: Wenn Sie Profisportler sind, oder mit Fußball Ihr Geld verdienen, können Sie nicht einfach sagen, ich habe eine Grippe. Das ist häufig gar nicht möglich. Man will das vielleicht auch gar nicht, weil man gerade einen guten Lauf hat. Dann kann es passieren, dass man dann Raubbau betreibt. Das Problem ist, wenn Sie vieles können seriös setzen. Wenn Sie das einmal über die Stränge schlagen, dann ist das eben kaputt.
Ela Wildner: Mhm.
Dr. Henning Steen: Dann kann man natürlich mit Medikamenten, äh, supportiv, ne, also so einfach unterstützend, ähm, ähh, tätig sein. Aber das geht nicht weg.
Ela Wildner: Gut, dann halten wir mal fest, gerade wenn man, in Anführungszeichen, nur Hobbysportler ist, besonders wachsam sein, sorgsam sein. Lieber einmal zu viel pausieren und im Zweifel auch ärztlichen Rat einholen.
Dr. Henning Steen: Liegt mir auch wirklich am Herzen, ähm, also, sagen wir mal, der breiten Sport. Ne, wir machen viel zu wenig Bewegung, so, sagen mal mal, so bei uns, in unserer Region. Ähm, und wir wollen die Leute motivieren. Und deswegen müssen wir uns da besonders sicher sein, dass die dann auch nicht gefährdet sind. Ja. Dann müssen wir dann die, sagen, die potenziell Gefährdeten rausfinden. Und wenn man das einmal wie strukturiert, äh, systematisch macht. Dann kann man die, äh, dann kann man, dann werden die die Effekte merken. Wenn sie Sport machen und viel Sport machen, haben sie per se einen langsameren Puls und einen niedrigeren Blutdruck. Das ist ja genau das, was wir eigentlich wollen.
Ela Wildner: Mhm.
Dr. Henning Steen: Effektiver schlagen lassen, das Herz.
Ela Wildner: Genau, und dann eben die besagte Vorbeugung vor Herzerkrankungen. Gibt es denn weitere Faktoren, die man vielleicht nutzen kann, um Herzproblemen vorzubeugen, außer moderat und angepasst Sport zu machen?
Dr. Henning Steen: Also, finde ich, ein wesentlicher Faktor ist die Ernährung. Ja. Ja, also, ähm, wenn sie natürlich sich schlecht ernähren, dann wird der Körper, das ist ein Wunderwerk, ja, also der, der schafft das trotzdem aus diesem miserablen Food wieder. Äh, aber, äh, ja. Es gab mal einen berühmten Ernährungsphysiolog, der sagte, shit in, shit out. Also, wenn, wenn du natürlich nur, sagen wir mal, niederwertige Sachen zu dir nimmst, dann musst du dich auch nicht wundern, wenn die Leistung so nicht stimmt. Also, das ist sicherlich etwas. Wo man, also mediterrane Kost zum Beispiel. Mediterrane, so, heißt jetzt nicht Pizza und Lasagne, also, mediterran, sondern das heißt, ne, der richtigen Oli, also der richtige Öle. Ja. Ähm, viel eben, auch nicht so post-processed, also nach dem Motto, ich hab da so, mach eine Dose auf, sondern wie, wenn's geht, frische Sachen. Ähm. Und, ähm, auch mal, gerade beim Stoffwechsel, mal der Leber eine Pause gönnen. Also, zero dinner. Ne, so, dann von mir aus was trinken, aber eben mal, die Leber wirklich mal 16 Stunden, mal nix, ne, die musst gar nix machen. Also, muss auch nicht immer sein, Intermittieren des Fasten, aber ab und an. Ne, aber ist aber immer wieder mal, ne. Oder mal, ja, sowas wie Fasten. Also, einfach mal so den Stoffwechsel wieder zurück, ne? Back to the roots. Das programmiert sich dann so ein bisschen um. Hafer-Tage, ja klingt ein bisschen putzig, ist aber wirklich etwas, wo, wo Leute, ähm, noch mal ne verbesserte Insulinen. Wirkung wieder spüren. Ähm. Guter, ähm, sagen wir mal, ein gutes Ausruhen. Ja, also, auf den Schlaf achten. Sich einmal vielleicht ne Schlafapnoe-Screening gönnen. Das ist, äh, hab ich eben, hab eben Atemaussetzer über Nacht. Ähm, das ist wichtig. Dann gibt's so verschiedene Laborparameter, die man mal anschauen kann. Also, Cholesterin, Fettstoffwechsel. Wie ist der eigentlich? Wie ist mein Zuckerstoffwechsel? Also, ist der okay? Was macht die Niere? Gibt's so einen Wert, ganz banal. Gibt es in jeder internationalen Blutabnahme, kann man das checken. Der hat man schon wahnsinnig viel abgedeckt. Dann gibt es eben noch diesen Herzschwächewert. Den kann man gerade bei Sportlern eben empfehlen, dass man es einmal misst. Und es gibt einen Wert, das auch so, der wird jetzt, kommt jetzt mehr und mehr in Mode, sag ich mal. Das ist Lipoprotein.
Ela Wildner: Auch in der Blutdose.
Dr. Henning Steen: Genau, das macht man einmal. Das ist genetisch. Und wenn das erhöht ist, hat man eben ein erhöhtes Risiko für verstopfte Adern. Also für diese Adderosperose, Herzinfarkt und coronare Herzkrankheit. Also, gibt tatsächlich so eine Basislaborwerte, Superernährung. Dann eben das sich bewegen und angepasst an den Körper. Und das sind schon Dinge, die glaube ich dazu führen, dass man auch leistungsfähiger wird. Das war's für heute. Und wenn Sie Sport machen, dann gönnen Sie Ihrem Körper danach auch eine Pause. Also es ist wirklich, dass nicht jeden Tag da bis Ultimo drehen, sondern wirklich auch sagen, der muss jetzt mal regenerieren. Der Knochenstoffwechsel, der Gelenkstoffwechsel. Das muss alles jetzt mal wieder sozusagen mal ein bisschen auf Pause und dann wieder erneut. Und von mir ist auch mehr und an die Grenzen gehen und so weiter. Aber das dosiert zu tun.
Ela Wildner: Ja, der Körper ist ein komplexes System. Da merkt man dann schon, das spielt auch alles.
Dr. Henning Steen: Und Bewegung ist super, richtig, richtig gut. Wir merken das selbst bei Patienten von einer Herztransplantation. Die bewegen wir. Die versuchen, die gehen auf dem Fahrrad. Und wenn sie auch nur auf der niedrigsten Stufe ein bisschen was machen, weil eben Knochenstoffwechsel, Muskelstoffwechsel die Psyche, also alles Dinge, die reagieren positiv auf Bewegung. Und das möchte man haben, dieses Well-being. Ist so das, wo man mit seinem Körper in eins sein und sagen, Mensch, das tut mir jetzt wirklich gut. Da hat man ein ganz anderes Lebensgefühl, glaube ich auch. Wie wenn wir jetzt immer nur da sitzen und essen und uns nicht bewegen und uns aufregen.
Ela Wildner: Ja, ich glaube, das können alle Läufer da draußen bestätigen. Ungefähr das Gefühl möchte man ja haben beim Laufen. Genau, wir resümieren. Man kann auch mit Herzproblemen laufen. Man sollte sich aber gut ärztlich beraten lassen und begleiten lassen. Allerdings ist auch Vorsorge besser als Nachsorge. Also auch gerne im Vorhinein schon lieber einmal zu viel drauf gucken lassen, Untersuchungen machen. Und die Tipps beherzigen, die wir heute im Podcast gehört haben, die fand ich sehr spannend, sehr hilfreich, sehr wertvoll. Vielen, vielen Dank fürs Zeitnehmen und den tollen Input.
Dr. Henning Steen: Sehr gern, hat Spaß gemacht, vielen Dank.
Ela Wildner: Und jetzt ihr, schreibt uns doch gerne mal in die Kommentare, was ihr heute dazu gelernt habt und natürlich auch sehr gerne, wie euch diese Podcast-Folge gefallen hat. Außerdem noch ein kleiner Hinweis. Habt ihr schon gesehen, dass wir jetzt auch bei der App Campfire FM zu finden sind? Falls nicht, schaut da gerne mal rein. Da könnt ihr noch viel besser mit diskutieren als in den normalen Kommentaren. Ansonsten findet ihr uns aber wie gewohnt überall da, wo es Podcasts gibt. Abonniert uns gerne, dann verpasst ihr die nächste Folge nicht. Die gibt's hier wieder in zwei Wochen und schön, wenn ihr dann wieder rein hört. In diesem Sinne, bis dahin und bis zum nächsten Mal.