RUNNER'S WORLD Podcast

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Transkript

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Ela Wildner: Hallo und herzlich Willkommen. Es ist wieder Zeit für eine neue Runners for Podcast-Folge und hier ist die Folge 182. Heute mit einem Gesundheitsthema bzw. Medizinischem Thema. Es geht um Diabetes. Davon gibt es verschiedene Typen, zwei an der Zahl. Und so viel kann ich schon mal vorweg nehmen. Mit beiden kann oder sollte man sogar laufen. Was es dabei zu beachten gilt, das weiß der Experte in unserer heutigen Folge ganz genau. Professor Dr. Martin Halle. Mit ihm habe ich ein sehr aufschlussreiches Gespräch geführt, in dem er unter anderem erläutert, was Diabetes Typ 1 und 2 unterscheidet und wie sich das auch auf sportliche Aktivität wie das Laufen auswirkt. Aber es waren auch spannende Infos rund um den Blutzuckerspiegel generell dabei. Wie ich finde, ist die Folge daher also auch interessant, wenn ihr selbst nicht von Diabetes betroffen seid. Allerdings sind das insgesamt tatsächlich sehr, sehr viele Menschen. Wie viele, auch das hört ihr in dieser Podcast-Folge. Das war also die kleine Vorschau dazu. Und jetzt geht es auch wirklich los mit der Folge. Ich bin Ela Wildner und wünsche euch ganz viel Spaß beim Anhören. Ich freue mich sehr heute virtuell zusammengeschaltet zu sein mit Professor Dr. Martin Halle, der in München sitzt und ein Experte ist für unser heutiges Thema. Ich sage es schon einmal, es ist Laufen und Diabetes. Erstmal herzlich willkommen im Runners World Podcast und schön, dass Sie sich die Zeit für uns nehmen.

Dr. Martin Halle: Ja, lieber Frau Wildner, ich freue mich sehr. Vielen Dank für die Einladung.

Ela Wildner: Ja, freut mich auf jeden Fall, dass es klappt. Sie sind ja auch durchaus viel beschäftigt. Vielleicht noch einmal kurz zum Hintergrund. Sie sind Professor Dr. Martin Halle und tätig an der School of Medicine and Health der TU München und an der Polyklinik für präventive Sportmedizin und Sportkardiologie. Sag ich das richtig?

Dr. Martin Halle: Vielleicht zur Erklärung. Die Technische Universität ist ja auf der einen Seite technisch orientiert, aber hat eben eine große medizinische Fakultät, aber auch Sport und Gesundheit, wie auch Ernährung. Also diese ganzen Lebensstilthemen, Stoffwechsel, wie eben auch heute unser Thema Diabetes, spielt eine richtige Rolle in München. Die TUM School of Medicine and Health zeigt eben auch, es geht nicht nur um Medizin, sondern auch um Health, die Gesundheit. Und da habe ich eben seit 22 Jahren jetzt den Lehrstuhl für präventive Sportmedizin. Das geht um Prävention, Sport und Bewegung, Medizin und Sportkardiologie, weil ich auch Kardiologe bin und zum heutigen Thema natürlich Diabetes als eine der Risikofaktoren für jetzt Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Insofern verwende ich glaube ich einiges, sodass wir heute schön darüber uns austauschen können.

Ela Wildner: Ja, freue ich mich auf jeden Fall sehr. Und da würde ich doch auch direkt mit der ersten Frage starten. Was ist eigentlich das Problem, wenn man Diabetes hat? Was macht das?

Dr. Martin Halle: Diabetes ist ja Zuckerkrankheit. Also wir haben da zwei unterschiedliche Diabetes-Typen. Typ 1 und Typ 2. Aber was die vereint ist, dass die Zuckerspiegel einfach zu hoch sind im Blut. Und warum ist das ein Problem? Wenn sie sehr hoch sind, dann ist es so, dass der gesamte Flüssigkeitshaushalt durcheinander gerät. Was häufig eine Komplikation bei einem Typ 1 Diabetes ist, da sind wir Jugendlichen Diabetes. Und diese Elektrolytstörungen führen dann dazu, Zucker zieht ja Wasser. Das weiß jeder, der irgendwie das Zucker da im Keller stehen hat, dann zieht es auf jeden Fall das Wasser und die Feuchtigkeit aus der Luft. Und so ist es, muss man sich das auch im Körper vorstellen. Dann kommt es zum Elektrolytungleichgewicht mit Gehirnschwellungen und dann bis halt auch zum möglichen Tod. Das ist bei dem Typ 1 Diabetes das Problem des Höhenzuckers. Über viele Jahre dann natürlich auch, dass die Gefäße dann beeinträchtigt werden können. Und das ist das Hauptproblem des Typ 2 Diabetes. Da wähle ich gerne bei meinen Studenten. Das plastische Bild, wenn man eine Müsli-Schale vor sich hat mit Himbeeren und macht ein bisschen Zucker auf die Himbeere drauf, dann werden die zerstört. Also die Membran der Himbeer wird zerstört. Und so muss man sich das auch vorstellen innerhalb der Gefäße. Wenn also Blutzuckerspiegel erhöht sind, dann greifen die die Innenschicht der Gefässe an und es kommt dazu Zerstörung dieser Innenschichte. Das kommt dazu, dass ... ... Es als Reaktion halt Narbenbildung gibt, dass die Gefäße steifer werden und dass eben sich auch anderes ablagern kann wie Cholesterin und mehr. Und das dann zur Verengung der Gefäß am Herzen, wenn das passiert, dann zum Herzinfarkt oder am Gehirn zum Schlaganfall führt. Und man kann sich auch das so ... Und so dann sehen diese Blutzuckerspiegel sind dann überall. Ein bisschen flapsig gesagt von der Locke bis zur Socke. Also das heißt, das Gehirn ist beeinträchtigt, da kommt es zum Schlaganfall. Die Augen sind ja nur eine Ausstülpung des Gehirns. Also das ist jetzt alles, was man im Auge sieht, ist direkt das Fenster ins Gehirne hinein. Und jetzt haut zum Beispiel ist ja die Gefäß ... ... Haut, mit der wir dann auch sehen. Und deswegen sind Diabetiker diejenigen, die häufig als erstes Augenlicht verlieren, weil eben diese Gefäße dort in der Netzhaut dann zerstört werden. Das Herz hatte ich angesprochen, mit Herzinfarkt und auch Versteifung des Herzens. Die Nierenfunktion auch der Diabetes ist die Erkrankung, die ... ... Die zu einer Zerstörung der Nierenfunktion führt. Und alle die, die so eine Blutfäsche brauchen, eine Dialyse, das sind häufig 30-40% Diabetiker. Und auch die Durchblutungsstörung in den Beinen, so offene Beine zum Beispiel, ist auch alles Diabetes. Also wenn ich sage von der Locke bis zur Socke, dann ist das so, ja das gesamte Gefäßsystem wird durch hohe Blutzuckerspiegel ... ... Stürmt diese Minimikrogefäße, diese H-Gefäße. Besonders typisch, wenn Diabetes zerstört und dann kommt es zu diesen Komplikationen.

Ela Wildner: Das sind natürlich alles ganz unangenehme und furchtbare Sachen, die man gar nicht haben möchte. Das sind jetzt aber auch schon, ich sag mal verlängerte Symptome oder ist es gleich so deutlich?

Dr. Martin Halle: Nein, natürlich dauert das. 15 oder 20 Jahre bis dieses dann halt passiert. Das ist schon so. Trotzdem ist es extrem wichtig, auch auf das Thema, was wir jetzt heute natürlich auch ansprechen. Wie kann man das mit Medikamenten auf der einen Seite, wie sieht es mit Lebensstil aus als zweites? Kann man das nicht ganz optimieren und man muss es auch optimieren, damit eben nicht in 20 Jahren da Probleme dann auftreten. Früher war das so, früher ist noch gar nicht so lange her. Vor 20, 30 Jahren hat man noch nicht so gute Medikamente gehabt. In Berlin schon, aber die anderen Medikamenten, die es heute da in Ergänzung gibt. Und heute ist beim Typ 1 Diabetes mit all den neuen Methoden, die wir da zur optimalen Blutzugereinstellung... Dann kommen wir gleich noch mal drauf, ein bisschen zu sprechen. Ist es so, dass da fast eine normale Lebenserwartung dann doch zu erwarten ist? Beim Typ 2 Diabetes ist es nicht ganz so, weil das dann doch bei der Erstdiagnose schon fortgeschritten ist. Und wir können ja vielleicht auch nochmal dieses Typ 1 und Typ 2 diabetes nochmal unterscheiden, oder?

Ela Wildner: Sehr gerne. Ich glaube, das ist auf jeden Fall hilfreich.

Dr. Martin Halle: Ja, dann würde ich das vielleicht so an ein Beispiel machen. Also ich hatte eben ja gesagt, der Typ 1, das ist eher der Jugendlichere. Meistens tritt das durchaus auch schon in der Pubertät, manchmal sogar früher auf. Und das ist eine Autoimmunreaktion. Der eigene Körper reagiert dagegen die Zellen in der Bauchspeicheldrüse. In der Bauchspeicheldrüse gibt es eben die Zellen, die Insulin produzieren. Und die werden zerstört. Insulin ist ein Hormon, was normalerweise dazu führt, dass Zucker in Zellen hinein diffundieren kann. Man muss sich das so vorstellen, jede Zelle hat so Pforten. Und die sind meistens geschlossen. Also wieder eine Tür. Und wenn Insulin als Hormone dann da andockt, dann wird diese Tür aufgemacht. Und guten Tag, Zucker kann dann in die Zelle hinein. Wenn das eben jetzt nicht, dieses Insulin, vorhanden ist, dann bleibt die Tür zu. Und dann bleiben die Blutzuckerwerte dann in der Blutzirkulation hoch. Und können dann nicht aufgenommen werden. Warum brauchen wir Zucker überhaupt in den Zellen? Ja, das ist ja das Energie pur. Also das weiß jeder.

Ela Wildner: Das weiß jeder Läufer glaube ich bestens.

Dr. Martin Halle: Genau, jeder Läufer, der dann halt nochmal so ein Gel einwirft, weiß, da geht jetzt nochmal so richtig was. Aber wenn ich da kein Insulin habe, dann passiert da gar nichts. Also ich brauche das Insulin. Und dieses Insulin führt dann dazu, gerade in der Muskulatur, schön geht das auf. Zucker rein, Energie nochmal, Schub am Berg. Da geht was. Also wenn man da nochmal oder beim letzten 10 Kilometer auf dem Marathon. Es ist auf jeden Fall so, dass man da Unterstützung gerne in Kauf nimmt. Und so funktioniert das mit dem Insulin. Und dieses ist eben dann beim Typ 1 Diabetiker gestört. Und dann weiß man auch schon, warum, wenn man Läufer ist, das kommen wir vielleicht später aneinander zu, aber wenn man ein Läufer ist und dann vielleicht weniger Insulin hat, zwar sich das Insulin dann mit einer Spritze zuführt, aber das ist natürlich dann so, dass es nicht ganz so einfach ist. Ich brauche auf der einen Seite den Zucker in der Zelle, da muss er auch dahin kommen, wenn ich ihn zu schnell verbrauche, habe ich wieder zu wenig usw. Aber man sieht da schon, dass das nicht so einfach ist, wenn man keine eigene Insulinproduktion mehr selber hat. Das war das Typ 1 Diabetiker, Jugendlicher. Und der Typ 2 ist so, man sagt ja eher Altersdiabetes, oder hat man früher gesagt, man macht die Differenz hier nicht mehr ganz so stark. Und das liegt ein bisschen daran, weil die Amerikaner so übergewichtig sind, dass man auch schon mit 35, 40 dann einen Typ 2 Diabetes entwickeln kann. Nicht nur die Amerikane, aber auch andere, auch in Deutschland usw.

Ela Wildner: Also je ungesünder man sich ernährt,

Dr. Martin Halle: und je mehr man durchaus auch Bauchfett dann ansammelt, Fett insgesamt und vor allen Dingen Bauchfed. Und dann ist es so, dass dieses Bauch-Fett dann Blocker aussendet. Und zwar sind es auch bestimmte Entzündungsfaktoren. Und man kann die eben als Blocker auch bezeichnen. Und die gelangen dann wiederum an die eben genannte Tür. Und halten diese Tür zu.

Speaker 3: Mhm.

Dr. Martin Halle: Das heißt also, die fördern dann nicht diese oder behindern, dass diese Türen aufgehen und Insulin wirkt. Also diese Patienten, diese Altersdiabetik haben ausreichend fast ein bisschen mehr versucht, die Bauchspeicheldrüse oder Insulin zu produzieren. Aber der Gegenspieler aus dem Bauchfett, der hält da die Türent zu. Und so ist es ein Kampf zwischen dem Bauchtormonen und dem Insulin. Und da ist es so, dass man dann immer mehr von diesem Insulin halt spritzen muss. Also so über 10 oder 15 Jahre war so ein Typ-2-Diabetiker, der fängt mit niedriger Dosis an. Und dann wird es immer mehr, weil man eben diese Blocker und diese Türen dann mit Druck versucht aufzumachen. Und das eben ist das, was dieses Insulin... Und die zusätzliche Gabe dann als Medikament, das spritzt man dann in die Unterhaut hinein, wird dann aufgenommen und ist dann im Blut und versucht dann diese Türen aufzumachen. Also wir haben insgesamt, in beiden sind Blutzuckerspiegel hoch. Die beim einen können die Tür nicht aufgemacht werden. Die sind leicht gängig, aber die können nicht auf gemacht werden, weil kein Insulin da ist. Das ist der Typ-1-Diabetes. Und beim Typ-2-Diabetes ist es so, dass die Türen zugehalten werden und man dann dagegen ankämpfen muss.

Ela Wildner: Jetzt komme ich aber langsam zum Sportthema. Viele Leute machen ja Sport, um auch ein bisschen abzunehmen. Und rein von der Logik müsste man jetzt denken, wenn das Bauchfett das ist, was verhindert, dass das Insulin produziert wird, wenn man das abbaut, würde sich das dann beheben lassen.

Dr. Martin Halle: Ja, absolut, absolut. Genau das ist es. Es gibt auch sehr schöne Studien dazu. Man hat diese Patienten, die diesen Typ-2-Diabetes haben bei Übergewicht, man hat gesagt, okay, also jetzt nehmt ihr mal von 110 Kilo mal 30 Kilo ab. Also seid dann bei 80 Kilo. Und dann macht ihr noch ein bisschen sportliche Aktivität dazu. Und mal schauen wir mal, ob der Diabetes nicht weggeht. Absolut, der geht weg. Also in fast allen. Wenn das nicht fortgeschritten ist, geht er weg. Also wenn man frühzeitig da einsteigt. Also wenn da auch mal mit, jetzt kommen wir nochmal zum Laufen, wenn man da so ein bisschen mit dem langsamen Laufen beginnt und das immer weiter steigert, dann seine Ernährung umstellt, funktioniert das wirklich perfekt. Ich weiß nicht, ob Sie das wissen, ich habe eine Aktion mit dem Bayerischen Fernsehen zusammen, die heißt Lauf 10. Da geht es genau darum, Übergewichtige mit Risikofaktoren wie auch Diabetes zu mehr Bewegung zu bringen. Und da haben wir so ein Programm über 10 Wochen. Das mache ich jetzt schon seit 18 Jahren. Und was mich da wahnsinnig auch immer wieder fasziniert ist, dass, wenn man da wirklich vom Lebensstil her strikt ist. Seine Kalorien reduziert, sein Essen umstellt. Ein bisschen mehr Eiweiß, weniger schnelle Kohlenhydrate, viel Gemüse. Wenn man das beherzigt. Und dann, jetzt kommen wir nochmal zu dem Laufen. Also nicht jeder kann sofort los joggen. Aber jeder kommt dann in den 10 Wochen zu so einem langsamen Joggen. Und das geht über zunächst gehen und an der nächsten Stufe, ich nenne das so Trippellaufen. Dass man ganz langsam nur so trippelt vorne auf dem Vorfuß. Und dann immer wieder nächste Stufe. Ein bisschen länger dann macht. Mal mit 5 Minuten erst mal beginnt am Tag. Vielleicht 2 Mal. Und dann halt 10 Minuten in 2, 3 Wochen und 15 und so weiter. Und dann so langsam sich dahin entwickelt. Dann ist es faszinierend. Dass nach den 10 Wochen die wirklich Übergewichtigen dann doch ein Joggen machen können. Und der Stoffwechsel ist so wahnsinnig verbessert. Und die verlieren den Typ 2 Diabetes relativ schnell.

Ela Wildner: Wow, tolle Aktion.

Dr. Martin Halle: Ja, ich finde das auch. Und die Leute sind natürlich total begeistert, weil sie das gar nicht so erwartet hätten. Auch in so schneller, kurzer Zeit, dass man da so viel erreichen kann. Aber da ist sehr viel drin. Und das liegt genau daran, dass diese Hammer da abbaut. Und die kann man auch messen. Und die sind dann mehr oder weniger weg. Ja, und natürlich ... Dann sind die Türen wieder offen. Zucker kann rein. Und die kriegen dann auch richtig so einen Schub. Man muss sich das so vorstellen wie das Gel dann bei 30 Kilometern. Also da kriegt man noch einen richtigen Schub und natürlich Glücksgefühle. Die haben es wirklich.

Ela Wildner: Schön, das heißt, sie haben schon ganz viele Leute zu Läufern gemacht.

Dr. Martin Halle: Ja, das kann man so sagen. Unbedingt, unbedingt. Dann hatten Sie noch angesprochen beim Typ 1 Diabetes. Das ist natürlich eine andere Sache. Da ist es so, dass dieser Typ 1-Diabetes ... ... Immer Schwierigkeiten hat. Wenn ich Sport mache, wird ja viel Zucker verbraucht. Und dann fällt er ab. Und dann habe ich vielleicht zu viel gespritzt von dem Insulin. Und dann passt es wieder nicht. Dann fällt der Blutzuckerspiegel ab. Man muss auch wissen, dass das so nachwirkt. Also wenn ich jetzt Läufer bin und laufe meine 10 Kilometer, dann ist ja nicht so, wenn ich mit dem Laufen aufgehört habe. Das heißt, dass dann der Zuckerverbrauch beendet ist? Nein, das geht natürlich noch weiter. Und das geht mehrere Stunden weiter in der Muskulatur. Und so ähnlich ist es auch beim Typ 1 Diabetes. Also ist der Top eingestellt und läuft. Da muss der aufpassen, dass eben in der Nachbelachungsphase, in diesen Stunden, vier bis sechs Stunden später, nicht dadurch, dass in der Muskulatur weiter Zucker abgebaut wird, insgesamt dann die Blutzuckerspiegel abfallen. Und wenn so eine ... Belastung tagsüber ist, dann merkt man das. Man kriegt natürlich Hunger, Hungergefühl. Nur wenn es in der Nacht ist und dann jemand schläft, dann kann man schon mal in diese Phasen der Unterzuckerung kommen, die dann durchaus auch gefährlich sein kann.

Ela Wildner: Was macht man dagegen? Also würde es dann helfen, den Blutzuckerspiegel konsequenter zu messen und sich dann noch mal vom Schlafenliegen Zucker zuzuführen?

Dr. Martin Halle: Genau so ist es. Also man weiß dann so ungefähr, wie viel Kalorien man verbraucht hat während der sportlichen Belastung. Und es geht dann sicherlich auf die ein bisschen sichere Seite. Ist noch mal zum Abend dann ... So sehe ich zum Beispiel eine Paste. Und die ist dann langsam über den Darm aufgenommen. Sodass dann halt die Blutzuckerspiegel über die Zeit in der Nacht dann nicht abfallen. Aber trotzdem sieht man daran, dass es nicht so ganz einfach ist. Und ein zweiter Aspekt ist durchaus auch sehr interessant. Und das gilt für beide, Typ 1 und Typ 2 Diabetes. Übrigens auch für uns alle Gesunden. Dass wenn ich Stress habe, dann steigt der Blutzuckerspiegel an. Und wenn ich jetzt in dem sogenannten Anerobenbereich, also zum Beispiel Hitch-Training mache oder überhalb meiner Schwelle laufe, also Laktatschwelle zum Beispiel, dann ist es so, steigen die Blutzuckerspiegel an, weil gleichzeitig Stresshormone ausgeschüttet werden, die dann aus der Leber, das ist ja unser größtes Zuckerreservoir, die Leber wird dann zuckerfrei gesetzt und die Leber wird dann zuckerfrei gesetzt. Ja, also Blutzuckerspiegel steigen an. Wenn es aber so ist, dass ich unterhalb bin, unterhalb der Aneroben-Schwelle, dann, also zum Beispiel Walking mache, dann fallen die Blutzucker-Spiegel ab, weil keine Stresshormone ausgeschüttet werden, fallen ab, weil die Muskulatur eben diesen Zucker dann verbraucht.

Ela Wildner: Okay, das heißt, als Diabetiker tut man sehr gut daran, das zu wissen und genau zu beobachten und zu planen, was mache ich wann, um entsprechend gegensteuern zu können.

Dr. Martin Halle: Ja, absolut, also ich muss auch mal, zum Beispiel so eine Laktatdiagnostik, hat sicherlich auch schon der ein oder andere Läufer bestimmt mal auf dem Laufband gemacht, wo man dann so langsam auf dem Laufbänd die Geschwindigkeit steigert und dann aus dem Ohrläppchen Laktate abnimmt und dann weiß man, ah, das ist aerob, also mit Sauerstoff, Energiestoffwechsel und anaerob ist dann ohne Sauerstoffs und im intensiveren Bereich. Und sowas sollte jeder Diabetiker, vor allen Dingen, wenn er Läuber ist, unbedingt machen. Weil man damit natürlich auch selber einschätzen kann, bei welchem Puls komme ich denn in diesen anaeroben Bereich hinein und wenn ich da reinkomme, dann steigen die Blutzeugerspiegel eher an und in dem anderen unterhalb bleiben sie gleich oder fallen eher ab. Und deswegen ist es total wichtig. Und auch für den Typ 2-Diabetiker sehe ich das ganz genauso. Also so eine Laktatdiagnostik ist nicht nur für Leistungssportler, sondern für Diabetiker absolut sehr wichtig. Informativ und gewinnbringend.

Ela Wildner: Wo Sie schon das Stichwort Leistungssportler nennen, gibt es denn Bereiche, die eher tabu sind für Diabetiker? Also sagen wir mal vor allem Typ 1, wo es auch nicht reversibel ist. Sagt man da zum Beispiel, es gibt aber so hochintensive Bereiche wo das nicht mehr kontrollierbar wäre, wo es nicht mehr planbar ist über genaue Beobachtung und Messung, wo man das lieber nicht machen sollte als Diabetika?

Dr. Martin Halle: Es ist natürlich schwierig, wie ich schon angesprochen habe, da optimale Blutzuckerspiegel zu erhalten. Aber wir wissen durchaus, dass in fast jeder Sportart auch Typ 1-Diabetiker sind, die da auch Top-Leistungen abliefern. Und da gibt es keinen Unterschied, ob das jetzt Spielsportarten ist oder sogar Rudern oder Langstrecke. Also da muss man halt sich gut auskennen. Das muss jeder mit dieser Erkrankung, aber dann kann man sich da gut anpassen. Wir haben natürlich auch heute so eine Weiterentwicklung, die sich in den letzten 10 Jahren etabliert hat. Das sind die kontinuierliche Blutzuckermessung. Und diese Blutzucker-Messung ermöglicht uns natürlich dann, also das wird ja ins Unterhaut, wenn man sich die Fettgewebe mit einer Nadel am Oberarm macht.

Ela Wildner: Diese weißen, weiße runde Punkte, die man auch durchaus bei Laufwettkämpfen oder so häufiger sieht inzwischen.

Dr. Martin Halle: Da hat natürlich eine gewisse Modeerscheinung. Auch da sind Menschen, die das machen, die kein Diabetes haben, weil sie da ihren Zucker tracken wollen. Aber die Typ-1-Diabetiker brauchen das unbedingt, weil sie damit natürlich dann auch über auch tolle Algorithmen, die sich da über die Zeit entwickelt haben, auch individuell angepasst werden, dann halt die optimale Dosis an Insulin spritzen können. Also es geht so, es wird kontinuierlich Blutzucker gemessen und dann halt auch Nahrungsaufnahme getrackt, genauso wie körperliche Aktivität. Und daraus kann man dann natürlich auch erfassen, wie viel Insulin danach gespritzt werden muss. Und das macht diese Maschine dann eigenständig. Und das ist natürlich eine Riesenentlastung. Und somit möglich, dass auch ein Typ-1-Diabetiker, da gehe ich davon aus, auch in der Zukunft eine normale Lebenserwartung.

Ela Wildner: Was natürlich super erfreulich ist. Es klingt jetzt trotzdem noch nach so einem Zusatzaufwand, weil man muss das ja dann messen und im Auge behalten und so weiter. Kann man trotzdem sagen, dass es sich aber lohnt, Sport zu machen, weil man die positiven Gesundheitseffekte dadurch dann trotzdem noch mitnimmt.

Dr. Martin Halle: Ja, das ist ja schon so. Auf der einen Seite gibt es diese Turbulenzen, der Blutzuckerspiegel durch den Sport. Also genau wie Sie sagen. Man könnte auch sagen, dann mache ich halt mir Schreibtisch und dann habe ich diese Turbalenzen nicht. Und ehrlicherweise, es stimmt. Es wäre so. Aber auf der anderen Seite sind es natürlich nicht nur der Einfluss auf die Blutzuckerwerte, sondern auf den Blutdruck, auf die Gefäßgesundheit, auch auf die Psyche und so viele positive Effekte durch den Sport dann auch bewirkt werden, sodass man sagen muss, nein. Also unbedingt sportliche Aktivität und Laufen ist da auch eine gute. Sportliche Belastung, weil man es schön dosieren kann, anders als zum Beispiel Fußball spielen. Da stehe ich manchmal rum und dann kommt der Ball, dann muss ich sprinten und dann ist wieder wenig. Das ist anders natürlich beim kontinuierlichen Ausdauerlauf. Und da ist die Kontrolle über und natürlich die Erfahrungswerte, die ich dann sammle, viel einfacher möglich. Sagen wir so, ich jogge jeden Tag oder jeden zweiten Tag eine bestimmte Joggingrunde, dann weiß ich ganz genau, wie viel ich an Energie da verbrauche. Ich weiß ganz genau wie viel auch nachgespritzt werden muss. Ich weiß auch drei, vier Stunden später, wenn meine Blutzuckerwerte sind, das muss ich ja nur mal, was weiß ich, 10, 15 Mal machen. Dann habe ich da so viele Werte im Kasten und weiß das ganz genau. Und deswegen ist das Joggen eigentlich eine super. Art und Weise oder eine der Basisbelastungen, ähnlich wie das Radfahren, die dann halt von den Typ 1 Diabetikern extrem gut durchgeführt werden können.

Ela Wildner: Okay, also halten wir als Punkt fest, es gibt geeignetere Sportarten und gleichförmige Ausdauerbelastungen, die laufen, gehören auf jeden Fall dazu.

Dr. Martin Halle: Ja, genau.

Ela Wildner: Okay, perfekt. Ich habe mir noch die Frage aufgeschrieben, was man währenddessen beachten soll. Also muss man sozusagen einen Notfallplan haben.

Dr. Martin Halle: Ja, unbedingt, ja, unbedingt. Also, es ist ja klar, ich hatte das ja vorhin angesprochen, Zucker zieht Wasser und Elektrolyte und wenn der zu niedrig ist, der Blutzucker, gibt es ein Problem, wenn die zu hoch sind auch. Und vor allen Dingen, wenn das eben dann die Werte zu niedrige sind, dann kann man an Koordination einbüßen. Das heißt zum Beispiel, wenn ich Fahrrad fahre, dass ich dann auf einmal, ich weiß genau, wo vorne und hinten ist, oder Sturzgefahr auf jeden Fall gegeben ist. Oder man stellt sich nur vor, ich bin klettern am Berg.

Speaker 3: Ja, genau.

Dr. Martin Halle: Ja, oder auch mit dem Joggen geht es so, da wird man es vielleicht dann merken und kann dann sich schnell hinsetzen. Aber das hilft natürlich auch noch nicht so, dahingehend, dass man ja aus dieser Situation wieder rauskommen muss. Und da ist es so ich brauche unbedingt, die Flüssigkeit, die schnell aufgenommen wird, dass ich eben Zucker dann zufüllen kann, Traubenzucker unter die Zunge. Oder dann eben hoch dosiert Zuckerlösungen, die dann den Blutzuckerspiegel wieder nach oben bringen und damit diese Hypoglykidemie, nennen wir das, und die Symptome dann dort beseitigen können. Und das andere, ob man da jetzt immer Insulin dabei hat, heute sicherlich mit den Geräten. Dann hat man das sowieso dabei, aber eher die Unterzuckerung ist da, das gravierende Problem. Und man muss natürlich sich auch dann überlegen, dass ich, wenn ich sportlich aktiv bin, dass ich dann vorher weniger Insulin spritze. Denn ich brauche ja nicht so viel, weil ich ja so viel von dem Zucker dann in der Muskulatur verbrauche. Und das ist meistens so, dass man ein Drittel reduzieren kann, manchmal sogar die Hälfte. Und ... Also das Gleichgewicht aus Zucker zuführen und zur Reduktion von dem Insulin, das ich spritze, ist die Kombi, die ich dann umsetzen muss.

Ela Wildner: Klingt aber auch so, als wäre da ärztliche Rücksprache immer gefragt und dass man vorher noch mal gemeinsam drauf guckt.

Dr. Martin Halle: Ja, unbedingt, da ist natürlich schon so, dass es wichtig ist, viel auch selber Erfahrung zu sammeln. Das macht man halt so, dass man sagt, okay, jetzt gehe ich eben joggen diese 15 Minuten und dann schaue ich mal, wie mein Blutzuckerspiegel abfällt. Und dann spritze ich eben weniger, aha, und dann laufen die 15 Minuten wieder und dann passiert es weniger. Und so tastet man sich natürlich über Jahre auch. Man hat dann wirklich auch ein gutes Gefühl dafür, wie man mit diesen entsprechenden Belastungen umgeht. Und da ist auch ein Unterschied, ob ich jetzt einfach bei mir zu Hause mal eine Stunde jogge oder das zum Beispiel in einem Wettkampf mache. Wettkämpfe ist immer anders, mehr Stress. Damit, eben hatte ich angesprochen, Stess, geh in den Blutzuckerspiegel hoch und vielleicht hält das dann aber auf deiner Seite auch. Dann hat man auch einen höheren Verbrauch und es gibt immer mehr Turbulenzen bei solchen Aktionen wie ein Weltkampf.

Ela Wildner: Ja, das kennt, glaube ich, wahrscheinlich jeder, der uns zuhört, sehr gut aus eigener Erfahrung. Ja, wie sinnvoll finden Sie denn die Blutzuckermessungen für alle? Also wir haben eben schon die weißen Punkte angesprochen.

Dr. Martin Halle: Also, ich bin der Zwiegespalten, also jeder braucht es nicht. Es ist so, dass man da überhaupt mal sieht, wie im Körper Blutzucker reguliert wird. Dafür finde ich es gar nicht so schlecht und das ist sicherlich für jeden interessant. Und je mehr man über seinen eigenen Körper weiß, wie Blutdruck reguliert und wie er sich verhält oder Blutzuckerspiegel, umso besser. Ich glaube, ein Bewusstsein für den eigenen Körper zur Gesundheit entscheidend beiträgt. Auch für präventive Maßnahmen. Es ist ja nicht nur das Joggen oder das Laufen, sondern es ist natürlich auch alles, was dazugehört. Die Ernährung, Schlaf, Ausgeglichenheit, Psyche. Und ja, wir wollen ja alle gesund bleiben und da ist sportliche Aktivität eines der Puzzlesteine. Wenn man dann eben mit diesen Elektroden da noch mehr dazu weiß, dann ist es gut. Aber man darf sich da auch nicht zu viel reininterpretieren und nur noch danach leben. Das halte ich zu übertrieben. Man muss aber sagen, Zucker ist schon so wie angesprochen. Hohe Blutzuckerspiegel führen zu dieser Veränderung an den Innenschicht der Gefäße. Die sind nicht gut. Also Blutzuckerspitzen braucht man nicht, sollte man nicht haben. Deswegen ist eine andere Ernährungsweise ohne die hohen Zuckergehalte in der Nahrung und damit dann auch weniger Blutzuckeranstieg im Blut sinnvoll.

Ela Wildner: Aber wann ist das denn bedenklich? Also viele Läufer essen ja auch gerne mal die weiße Pasta sowieso oder die Schokolade. Da steigt ja schon auch der Blutzucker dann in die Höhe.

Dr. Martin Halle: Unbedingt, ja klar. Zu sehr würde ich das nicht bewerten wollen, dass das jetzt negativ ist. Aber so richtig positiv, würde ich sagen, kann man es auch nicht sprechen. Also das heißt, man soll schon darauf achten, da ist der Unterschied zwischen Pasta und Schokolade und Obstsalat oder Zucker, der ist schon wie folgt zu sehen. Also... Pasta ist okay, es hat einen moderaten Anstieg im Blutzuckerspiegel. Wenn man das dann kombiniert, vor allen Dingen mit Eiweiß, wird es weniger und wenn man Gemüse dazu hat, noch mal weniger und langsamer der Blutzuckeranstieg. Also es kommt auch auf die Komponenten an. Ähnliches bei der Schokolade. Schokolade hat ja einen hohen Fettanteil und da ist jetzt der Anstieg vom Blutzucker gar nicht so ausgeprägt, weil der Fett-Anteil den Zucker bindet und dann eigentlich die Zuckeranstiege bei Schokoladen gar nicht hoch sind, als wenn man zum Beispiel, jetzt kommen wir zum Dritten, einen Obstsalat isst. Der Obstsalaat ist Obst, hat auch reiner Zucker. Und wenn da dann der Obst-Salat gegessen wird, also der gute Obstsalat. Oder der Apfelsaft vom Bio-Bauern. Dann ist es so, zack geht der Blutzuckerspiegel natürlich extrem hoch. Und so ähnlich hoch, als wenn man reinen Zucker essen würde.

Ela Wildner: Beim Energiegel, was wir jetzt schon ein paar Mal angesprochen haben, während des Laufs wird aber die Energie direkt so verbraucht, dass es gar nicht so in die Spitze geht.

Dr. Martin Halle: Ja, natürlich habe ich, möchte auch eine gewisse Spitze da bekommen, aber wenn es während der sportlichen Belastung ist, sind ja diese Türen, die sind schon alle auf. Also die Muskelzellen, die saugen praktisch den Zucker dann rein ins Zellinnere, weil dort ja die Energieproduktion stattfindet. Dafür braucht man einfach Zucker. Schnell wirksame Energie über den Zucker. Und insofern rein und dann schnell verbraucht, ist gut. Aber das so nach körperlicher sportlicher Belastung dann nochmal so Energie zuführen, das braucht man nicht. Würde ich auch gar nicht raten. Das ist gar nicht so schlecht, wenn auch die Muskelzelle mal versteht, dass sie auch in einen Hungerzustand kommt, weil dann natürlich andere Mechanismen angesprochen werden vom Energiestoffwechsel. Also man... Es gibt ja auch sowas, dass man sich eben in so eine Lehre hinein trainiert, weil eben da andere Enzyme in der Zelle dann aktiv sind, die man dann auch für lange Belastung braucht und somit dann auch Trainingseffekte hat. Und Trainingsefekte ist ja nichts anderes als das, alles das, was in der Muskulatur passiert. Nicht alles, nur aber vieles, was in der Muskulatur Richtung Energiestoffwechsel passiert, ist Training.

Ela Wildner: Okay, das finde ich einen spannenden Punkt, denn häufig liest man ja auch, man soll sich wirklich direkt nach der Belastung wieder Energie zuführen, Speicher auffüllen, um die Regeneration zu verbessern, aber...

Dr. Martin Halle: Ja, da bin ich jetzt die Merkel schon, da bin ich nicht so ganz überzeugt. Also den Körper immer nur mit Energie zu füllen, ist glaube ich nicht das richtige Konzept.

Ela Wildner: Letztlich muss man sagen, dieses Überangebot führt ja dann zu dem Typ 2 Diabetes, was wir am Anfang schon hatten. Geht das so in die Kerbe bei Ihnen?

Dr. Martin Halle: Ja, auch das so ein bisschen. Ja, man kann sich das doch vorstellen, ich würde das an einem anderen Beispiel machen. Also wenn ich Bergläufe mache, und mache das so, dass ich immer in der Ebene laufe. Also das soll in Analogie dazu sein, dass ich meine Energiespeicher auffülle. Das ist immer alles aufgefüllt, immer alles bestens. Regale immer voll. Und dann werde ich auf einmal gefordert, an den Berg zu gehen. Das wird nicht gut gehen. Also jeder Sportler wird sagen, ne, das hast du ja auch nicht trainiert, sei ganz genau. Und man muss eben dann auch mal die Phasen trainieren, die mit einem Energiedefizit einhergehen. Und da ist es so, dass durchaus nach Belastung, auch anstrengenden Belastungen, man ja in einem Energie-Defizit ist. Da gibt es Stress auf den Muskelzellen. Und dieser Stress führt dazu, dass die sich anpassen. Und deswegen haben wir auch Hit-Training. Wir haben Hit-training deswegen, weil wir in ein Energiedefizit hinein wollen. Singulär in der Muskelzeile. Also das heißt, da Zucker immer nachzufüllen, ist nicht wichtig. Und dieses Thema mit Regeneration, also das hat mir noch keiner gezeigt können, das nur weil ich dann die ... Also nur weil ich jetzt Zucker dann zusätzlich reinfülle, dass dann ausreichend Regeneration stattfindet. Was definitiv der Fall ist, ist Elektrolyte aufzufüllen, Flüssigkeitshaushalt aufzufühlen. Da bin ich sofort dabei, aber nicht Energiestoffwechsel.

Ela Wildner: Okay, spannend. Kleiner Exkurs zur generellen Blutzuckerspiegellehre. Ich würde ein kleines Zwischenfazit zum Thema Laufen und Diabetes ziehen, weil wir auch unterscheiden zwischen Typ 1 und Typ 2. Wenn ich Diabetes Typ 2 habe, ist es sogar sinnvoll, laufen zu gehen oder kann auch präventiv wirken. Aber auch bei Typ 1 ist es überhaupt nicht unmöglich und man kann sogar in hohen Belastungsbereichen trainieren.

Dr. Martin Halle: Das können wir absolut so ... Ja, natürlich, unbedingt, das passt sehr gut.

Ela Wildner: Das würde ich fast die Frohe Botschaft hier im Runners World Podcast nennen. Genau, also Diabetes klingt doof, keine Ausrede, nicht zu laufen. Und dank der neuen Methoden, wie Sie schon angesprochen haben, auch diesen Geräten, die dann automatisch Insulin spritzen, wird es immer sicherer, Sport zu machen. Ich hätte noch die generelle Frage, was sich so in der Forschung ... Gibt es vielleicht auch so Weisheiten, die man noch vor 10 Jahren gesagt hat, die jetzt schon nicht mehr gelten? Was passiert da so?

Dr. Martin Halle: Also beim Typ 1-Diabetes ist sicherlich entscheidend, dass man jetzt Impfstoffe in der Erprobung hat, um halt Menschen zu impfen, dass sie keinen Typ 1 Diabetes bekommen. Also da geht es darum, man hat ja ... Ich habe ja angesprochen, dass es so eine Autoimmunerkrankung ist. Und dass es möglicherweise getriggert wird durch Infekte. Und dass man halt daran gehen möchte, um halt diesen Typ 1 Diabetes dann komplett zu verhindern. Natürlich ist alles Zukunftsmusik, aber in die Richtung geht das. Und beim Typ 2 Diabetes geht es darum, dass man jetzt gerade schon die ganzen Ausmaße dieser ... Dann doch über längere Zeit mit Übergewicht erhöhten Blutzuckerspiegeln auf das Kreislaufsystem erkennt. Und man da jetzt unbedingt optimale Strategien entwickelt. Wir haben alle davon gehört, es gibt da jetzt nicht nur Ernährung und Bewegung, sondern Medikamente wie die sogenannte Abnehmensspritze. Und diese Abnehmensspritze, die hemmt gerade ... ... Ein Hormon oder ein Rezeptor im Darm und durchaus auch im Gehirn. Und man sieht da schon, man versucht eine Möglichkeit, auch in diesem Energiestoffwechsel Ernährungsaufnahme dann zu verändern, dass eben eine Gewichtsabnahme passiert. Das ist schon eine gewisse Revolution, weil jetzt ja auch da eine Entwicklung da ist, dass man nicht mehr nur dieses Medikament spritzt, sondern dass man dieses Medikement auch als Tabletten entwickelt hat, auch wieder in der Erprobungsphase, das wird kommen. Und man versteht, dass dieses Übergewicht und Diabetes nicht nur zusammenhängen, sondern auch als Kreislauferkrankungen. Dass die Medikamente eng verknüpft sind und dass man diese durch diese Spritzen oder dann in Zukunft diese Medikament als Tabletten, dann auch die Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzmuskelschwäche, Versteifung, auch vieles andere am Herzen, mit angesprochenen Herzmuskelschwächen vor allen Dingen, dass man das verhindern kann und da gibt es gerade viele Entwicklungen. Vielleicht als Besonderheit, ich komme jetzt gerade vom Europäischen Kardiologen-Kongress. Die Herzspezialisten haben sich vor fünf Jahren noch gar nicht um den Stoffwechsel so wirklich gekümmert, muss man sagen, das war bei den Diabetologen, den Diabetes-Spezialisten. Und jetzt ist es in aller Munde Übergewicht, Diabetes, Herz-Kreislauf, ein Riesenthema, auch jetzt gerade bei dem Kongress. Viele, die sich jetzt auch in die Forschung dahin begeben und man sieht auch da, dass diese Medikamente, jetzt komme ich nochmal zum Sport, dass diese medikamente aber auch nicht nur Fettgewebe reduzieren, sondern auch Muskelgewebes. Und das muss man natürlich verhindern, denn Zucker geht ja in die Muskelzelle hinein und wird dort verstoffwechselt. Nur locker das Fettgewebe wegzubekommen reicht nicht, sondern ich muss auch die Muskulatur aktivieren, das bekomme ich durch ein Krafttraining hin. Und da sind wir schon wieder bei Aktivierung der Muskelzelle, welche sich dann eben auch mit Laufen in ähnlicher Weise tun kann. Also jeder, der eine Abnippspritze hat, muss auch zumindest ein Trippellaufen machen oder ein Kraft-Training integrieren.

Ela Wildner: Sehr spannend. Abnehmspritze, habe ich jetzt gar nicht dran gedacht, aber natürlich gehört das auch ins Themenfeld. Haben Sie da ein Stimmungsbild, benutzen das denn viele Sportler auch, einfach um abzunehmen?

Dr. Martin Halle: Oh, das weiß ich jetzt nicht genau, ob Sportler sich jetzt da auch zusätzlich noch diese Abnehmspritze nehmen. Das gibt es bestimmt, aber da ist es natürlich so, Kalorienaufnahme, Kalorianverbrauch, auch das gilt immer noch, wichtig ist. Was ich gerne noch so den Läufern mitgeben möchte, es ist nicht nur das Laufen selber, was natürlich Spaß macht und auch wichtig ist, sondern dass man eben auch Kraft-Training macht. Und das Kraft-training beim Läufer wird häufig nicht ausreichend berücksichtigt. Und vor allen Dingen auch das Stabiltraining. Also Rumpfmuskulatur und Stabilität vom Rumpfen sind ganz wichtige Maßnahmen für den Läufern, denn nur wer rund läuft, also praktisch nicht hin und her wackelt, sondern seine Beine. Wer in einem stabilen Rumpf nach vorne schwingen kann, um das Laufen mal so zu charakterisieren, der kriegt doch keine orthopädischen Probleme. Wer im Oberkörper rumwackelt, der muss natürlich immer wieder mit den Gelenken ausgleichen und das sind diejenigen, die Probleme haben von orthopädischer Seite aus. Also man sieht schon, nur das Laufenden ist es nicht.

Ela Wildner: Ja, da machen wir ein großes Ausrufezeichen hinter. Wird auch unserer Erfahrung nach gerne vernachlässigt, aber total sinnvoll, denn man will ja auch lange laufen können. Kleiner Bogen zum Beginn. Da fragt dich noch, oh, es ist aber nicht gleich so schlimm mit dem Diabetes. Wie fängt es denn an? Also meine Frage ist, gibt es vielleicht auch noch Leute, die gar nicht wissen, dass sie von Diabetes betroffen sind und wie könnten sie das dann merken?

Dr. Martin Halle: Auch das ist so, dass man da unterscheiden muss bei dem Jugendlichen. Da ist es eher so, das kommt wie eine Krankheit aus heiterem Himmel und ganz schnell. Und das ist der Zucker, der dann ansteigt im Blut, der zieht Wasser. Und deswegen muss man viel mehr pieseln und auf die Toilette gehen. Also wer dann 10, 15 Mal pro Tag, ohne das ist jetzt wahnsinnig viel. Wer dann dazu getrunken hat, zur Toilette läuft, der sollte den schnellsten Weg zum Arzt oder in die Notaufnahme dann finden, weil das durchaus die ersten Symptome der Blutzuckerkrankheit des Typ 1 Diabetes sein kann. Und das geht eben ratzfatz. Das andere ist ... Der Typ 2 Diabetes, der entwickelt sich über Jahre. Was beim einen innerhalb eines Tages passiert oder weniger Tage, ist beim anderen über viele Jahre, vielleicht auch Jahrzehnte. Das geht los, dass erst mal so Blutzuckerspiegel nur erhöht sind, wenn man was gegessen hat. Also das ist praktisch dann ... Die Regulation, nicht mehr auf eine Zuckerbelastung dann ausreichend aus der Bauchspeicheldose Insulin ausgeschüttet wird. Also dass es eher dann erst mal das erste Defizit ist. Wir nennen das dann auch Prä-, also Vorstufe des Diabetes, Prä-Diabetes. Dann nimmt das immer mehr zu, dass auch bei kleineren Mahlzeiten Blutzuckerspiegel in die Höhe schießen und dann weiter ... ... Dass dann Blutzuckerspiegel morgens, mittags, abends, nachts erhöht sind. Sodass dann als weitere Stufe noch drauf kommt, dass die nicht nur ein bisschen erhöht, sondern stark erhöht. Und so sieht man schon die Phasen, die dann, was ich jetzt schon angesprochen habe, sind immer so 5-Jahresintervalle. Weil es insgesamt einfach immer schlechter wird, weil diese Blocker aus dem Fettgewebe halt dann diese Pforten, diese Türen dazuhalten und der Blutzucker dann ... ... Zu wenig in die Zellen der Muskulatur, aber auch jede andere Zelle im Körper dann eindringen kann.

Ela Wildner: Okay, das sind auf jeden Fall ... Ist eine gute Handreichung, wo man vielleicht mal so in sich hineinhorchen kann ... ... Beziehungsweise jetzt sensibilisiert ist, worauf es zu achten gilt. Denn ich glaube, Diabetes ist ja im Grunde Volkskrankheit, oder? Können Sie Zahlen nennen, wie viele Menschen davon betroffen sind?

Dr. Martin Halle: Ja, also der Typ 1 Diabetes, der hat sich jetzt unwesentlich geändert. Der war immer schon da. Das ist aber eine untergeordnete Gruppe innerhalb der Bevölkerung. Und sonst ist es so, dass man davon ausgeht, dass ca. 10%, vielleicht ein bisschen weniger in anderen Ländern, vielleicht ein ... ... Bisschen mehr in der westlichen Welt davon betroffen sind. Also das ist schon erheblich. Und also jeder Zehnte. Sodass man schon unbedingt dieses Thema auch in den Griff bekommen muss. Auch gesundheitspolitisch muss man das in den griff bekommen. Gesellschaftlich auch, weil es natürlich so hohe Kosten mit sich bringt, die dadurch bedingt sind, dass ... ... Der Diabetes nicht nur selber Kosten verursacht, sondern vor allen Dingen auch diese ganzen Folgeerkrankungen ... ... Der Gefäße, was ich eben mit Locker bis zur Socke angesprochen habe. Ja. Wenn wir den Diabetes in den Griff bekämen, dann hätten wir viel geschafft. Sicherlich das Gesundheitssystem. Das ist ja so ein bisschen aus dem Bauch heraus. Aber ich kann mir vorstellen, dass man 20% des Gesundheitssystems einsparen könnte. Oder der Ausgaben. Also eine ganze Menge. Damit könnte man Laufschuhe für jeden finanzieren. Das stimmt. Sollte man. Und deswegen freue ich mich über das heutige Interview und unser Podcast. Sollte man unbedingt das Thema Laufen, Bewegung, aber alles andere, was damit zusammenhängt, in den Vordergrund rücken. Damit man diesen Typ 2 Diabetes, unser Gesundheitsproblem, der aktuell und noch mehr der Zukunft in den Griff bekommt.

Ela Wildner: Ja, dem geben wir natürlich gerne eine Bühne und unterstützen das sehr. Und da auch nochmal gut vor dem Hintergrund heute fundiert gehört zu haben, dass es wirklich etwas bringt, sich zu bewegen, zu laufen. Und dass man das auch mit Diabetes machen kann. Im einen oder anderen Fall sogar es dadurch loswerden kann. Dann bleibt mir vielen, vielen Dank zu sagen. Das war sehr spannend, sehr aufschlussreich, informativ und hat hoffentlich auch dem einen oder andern nochmal ... Mehr Motivation gegeben, selbst zu laufen oder diesen Podcast weiterzuleiten und jemanden dazu zu bewegen, mit dem Laufen anzufangen und gesünder und aktiver zu leben. Vielen, vielen lieben Dank, Professor Dr. Martin Halle, für das Gespräch.

Dr. Martin Halle: Ja, sehr gerne. Sehr gerne. Und liebe größte Zeug.

Ela Wildner: Also sagt's gerne weiter, sich zu bewegen, zu laufen, auch sich gut zu ernähren, ist so, so wichtig. Leitet diese Podcast-Folge also auch gerne weiter und abonniert unseren Podcast natürlich gerne, wenn ihr das noch nicht gemacht habt. Außerdem freuen wir uns, wenn Ihr uns bewertet und schreibt uns doch gerne mal in die Kommentare, falls Ihr vielleicht sogar selbst Diabetes habt und schon Lauferfahrungen gesammelt habt. Das war's mit unserem Podcast für heute. Aber Ihr wisst es, in zwei Wochen kommt die nächste Folge. Bis dahin und macht's gut.

Über diesen Podcast

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